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Unterabschnitt 1 - BND-Gesetz (BNDG)

Artikel 4 G. v. 20.12.1990 BGBl. I S. 2954, 2979; zuletzt geändert durch Artikel 1 G. v. 22.12.2023 BGBl. 2023 I Nr. 410
Geltung ab 30.12.1990; FNA: 12-6 Verfassungsschutz, Nachrichtendienst
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Abschnitt 4 Technische Aufklärung

Unterabschnitt 1 Verarbeitung von personenbezogenen Daten im Rahmen der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung

§ 19 Strategische Ausland-Fernmeldeaufklärung



(1) Der Bundesnachrichtendienst darf zur Erfüllung seiner Aufgaben mit technischen Mitteln personenbezogene Inhaltsdaten von Ausländern im Ausland auf der Grundlage zuvor angeordneter strategischer Aufklärungsmaßnahmen verarbeiten (strategische Ausland-Fernmeldeaufklärung), soweit dies erforderlich ist für den Zweck

1.
der politischen Unterrichtung der Bundesregierung oder

2.
der Früherkennung von aus dem Ausland drohenden Gefahren von internationaler Bedeutung.

(2) Eine strategische Aufklärungsmaßnahme begrenzt das jeweilige Ziel der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung durch Angaben zu

1.
Aufklärungszweck,

2.
Aufklärungsthema,

3.
geografischem Fokus und

4.
Dauer.

(3) Strategische Aufklärungsmaßnahmen nach Absatz 1 Nummer 1 sind nur zulässig, wenn sie der Gewinnung von Informationen über das Ausland dienen, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind, und zu deren Aufklärung das Bundeskanzleramt den Bundesnachrichtendienst beauftragt hat.

(4) Strategische Aufklärungsmaßnahmen nach Absatz 1 Nummer 2 sind nur zulässig, wenn sie der Gewinnung von Informationen über das Ausland dienen, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind, und zu deren Aufklärung das Bundeskanzleramt den Bundesnachrichtendienst beauftragt hat sowie tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass durch sie Erkenntnisse gewonnen werden können

1.
mit Bezug zu den folgenden Gefahrenbereichen:

a)
zur Landes- oder Bündnisverteidigung sowie zu Einsätzen der Bundeswehr oder verbündeter Streitkräfte im Ausland,

b)
zu krisenhaften Entwicklungen im Ausland und deren Auswirkungen,

c)
zu Terrorismus oder Extremismus, der gewaltbereit oder auf die planvoll verborgen betriebene Durchsetzung politischer (1), religiöser oder ideologischer Ansichten ausgerichtet ist, oder dessen Unterstützung,

d)
zu internationalen kriminellen, terroristischen oder staatlichen Angriffen mittels Schadprogrammen auf die Vertraulichkeit, Integrität oder Verfügbarkeit von informationstechnischen Systemen,

e)
zur Organisierten Kriminalität,

f)
zur internationalen Verbreitung von Kriegswaffen im Sinne des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen sowie des unerlaubten Außenwirtschaftsverkehrs mit Waren und technischen Unterstützungsleistungen in Fällen von erheblicher Bedeutung,

g)
zu Gefährdungen Kritischer Infrastrukturen oder

h)
zu hybriden Bedrohungen,

2.
zum Schutz der folgenden Rechtsgüter:

a)
Leib, Leben oder Freiheit einer Person,

b)
Bestand oder Sicherheit des Bundes oder eines Landes,

c)
Bestand oder Sicherheit von Einrichtungen der Europäischen Union, der Europäischen Freihandelsassoziation oder des Nordatlantikvertrages oder Bestand oder Sicherheit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, der Europäischen Freihandelsassoziation oder des Nordatlantikvertrages,

d)
außenpolitische Handlungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland oder

e)
gewichtige Rechtsgüter der Allgemeinheit, deren Grundlagen die Existenz der Menschen berührt.

(5) 1Der Bundesnachrichtendienst darf die Erhebung von personenbezogenen Inhaltsdaten im Rahmen der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung nur anhand von Suchbegriffen durchführen. 2Diese müssen für die strategischen Aufklärungsmaßnahmen nach Absatz 1 bestimmt, geeignet und erforderlich sein und ihre Verwendung muss im Einklang mit den außen- und sicherheitspolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland stehen.

(6) 1Soweit dies zur Durchführung strategischer Aufklärungsmaßnahmen nach Absatz 1 erforderlich ist, darf sich der Bundesnachrichtendienst mit technischen Mitteln Zugang zu informationstechnischen Systemen eines ausländischen Telekommunikations- oder Telemediendiensteanbieters im Ausland auch ohne dessen Wissen verschaffen und personenbezogene Daten, die dieser anlässlich der Erbringung seines Dienstes verarbeitet, aus der laufenden Kommunikation erheben. 2Dabei darf der Bundesnachrichtendienst auch personenbezogene Daten erheben, die der ausländische Telekommunikations- oder Telemediendiensteanbieter während seiner Verarbeitung der laufenden Kommunikation in seinen informationstechnischen Systemen speichert, sofern diese innerhalb des Anordnungszeitraums der strategischen Aufklärungsmaßnahme nach Absatz 1 erhoben werden und vor ihrer Erhebung durch den Bundesnachrichtendienst nicht älter als 48 Stunden sind. 3Verschafft sich der Bundesnachrichtendienst nach Satz 1 Zugang zu einem informationstechnischen System eines ausländischen Telekommunikations- oder Telemediendiensteanbieters im Ausland, darf er auch Bestandsdaten des ausländischen Telekommunikations- oder Telemediendiensteanbieters verarbeiten, die dieser anlässlich der Erbringung seines Dienstes verarbeitet, soweit diese anhand von Suchbegriffen erhoben werden oder sich auf die Gegenstelle der anhand des Suchbegriffs erhobenen Daten beziehen.

(7) 1Eine Erhebung von personenbezogenen Daten der folgenden Personen aus Telekommunikationsverkehren ist unzulässig:

1.
deutsche Staatsangehörige,

2.
inländische juristische Personen sowie

3.
sich im Bundesgebiet aufhaltende Personen.

2Soweit technisch möglich, ist durch den Einsatz automatisierter Filter dafür zu sorgen, dass solche Daten herausgefiltert werden. 3Die herausgefilterten Daten sind unverzüglich automatisiert zu löschen. 4Die Filtermethoden werden kontinuierlich fortentwickelt und sind auf dem jeweiligen Stand der Technik zu halten. 5Werden trotz dieser Filterung Daten entgegen Satz 1 erhoben, sind diese Daten unverzüglich zu löschen. 6Dies gilt nicht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass durch die Weiterverarbeitung der Daten eine erhebliche Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person, die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder die Sicherheit anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union, der Europäischen Freihandelsassoziation oder des Nordatlantikvertrages abgewendet werden kann.

(8) 1Eine unbeschränkte strategische Ausland-Fernmeldeaufklärung ist unzulässig. 2Das Volumen der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung ist auf nicht mehr als 30 Prozent der bestehenden Telekommunikationsnetze zu begrenzen.

(9) Eine strategische Ausland-Fernmeldeaufklärung zum Zweck der Erzielung von Wettbewerbsvorteilen (Wirtschaftsspionage) ist unzulässig.

(10) 1Personenbezogene Daten sind unmittelbar nach der Datenerhebung wie folgt zu kennzeichnen:

1.
Angabe des Zwecks der Datenerhebung nach Absatz 1 und

2.
Angabe des Mittels der Datenerhebung.

2Die Kennzeichnung entfällt bei Übermittlungen.




(1)
amtlich "politscher"






§ 20 Besondere Formen der strategischen Ausland-Fernmeldeaufklärung



(1) 1Die gezielte Erhebung von personenbezogenen Daten nach § 19 Absatz 5 von Einrichtungen der Europäischen Union, von öffentlichen Stellen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern darf nur erfolgen, wenn dies erforderlich ist

1.
zur Früherkennung von Gefahren im Sinne des § 19 Absatz 4 oder

2.
zur Sammlung und Auswertung von Informationen im Sinne des § 19 Absatz 3, soweit ausschließlich Daten über Vorgänge in Drittstaaten gewonnen werden sollen, die von besonderer außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind.

2Wird nachträglich erkannt, dass eine gezielte Datenerhebung von Einrichtungen der Europäischen Union, von öffentlichen Stellen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder von Unionsbürgerinnen oder Unionsbürgern erfolgt ist, dürfen die erhobenen personenbezogenen Daten nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des Satzes 1 weiterverarbeitet werden. 3Andernfalls sind sie unverzüglich zu löschen.

(2) Die gezielte Erhebung von personenbezogenen Daten von Personen hinsichtlich derer

1.
tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie Verursacher von Gefahren im Sinne des § 19 Absatz 4 sind, und

2.
eine Übermittlung der erhobenen personenbezogenen Daten zum Zweck der Weiterverarbeitung für Folgemaßnahmen mit unmittelbarer Außenwirkung für den Betroffenen nach Nummer 1 im Bereich der Gefahrenabwehr oder Strafverfolgung beabsichtigt ist,

darf zur Gefahrenfrüherkennung (§ 19 Absatz 1 Nummer 2) nach § 23 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 nur angeordnet werden, wenn bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit die gegenüber diesen Personen gesteigerte Wahrscheinlichkeit belastender Folgen besonders berücksichtigt wurde.

(3) Die individualisierte Überwachung des gesamten Telekommunikationsverkehrs einer Person ist unzulässig.




§ 21 Schutz von Vertraulichkeitsbeziehungen



(1) 1Die gezielte Erhebung von personenbezogenen Daten nach § 19 Absatz 5 zum Zweck der Erlangung von Daten aus einer Vertraulichkeitsbeziehung ist unzulässig. 2Vertraulichkeitsbeziehungen im Sinne des Satzes 1 sind solche von Geistlichen, Verteidigern, Rechtsanwälten und Journalisten, die dem Schutz des § 53 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 3 und 5 sowie Satz 2 der Strafprozessordnung unterfallen würden.

(2) Abweichend von Absatz 1 ist die gezielte Datenerhebung zulässig, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass

1.
die in Absatz 1 Satz 2 aufgeführte Person Täter oder Teilnehmer einer der in § 11a Absatz 1 genannten Straftaten ist oder

2.
dies notwendig ist zur Verhinderung einer Gefahr für

a)
Leib, Leben oder Freiheit einer Person,

b)
lebenswichtige Güter der Allgemeinheit oder

c)
den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder die Sicherheit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, der Europäischen Freihandelsassoziation oder des Nordatlantikvertrages.

(3) 1Sofern erst die Weiterverarbeitung der erhobenen personenbezogenen Daten ergibt, dass diese schutzwürdig nach Absatz 1 sind, dürfen sie nur verwendet werden, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. 2Andernfalls sind die Daten unverzüglich zu löschen. 3Die Löschung ist zu protokollieren. 4Die Protokolldaten dürfen ausschließlich zur Durchführung von Kontrollen der Datenverarbeitung einschließlich der Datenschutzkontrolle verwendet werden. 5Die Protokolldaten sind bis zum Ablauf des zweiten auf die Protokollierung folgenden Kalenderjahres aufzubewahren und danach unverzüglich zu löschen.

(4) Die Entscheidung über die Zugehörigkeit einer Person zu dem in Absatz 1 Satz 2 genannten Personenkreis ist zu dokumentieren.




§ 22 Kernbereichsschutz



(1) Die Datenerhebung zum Zweck der Erlangung von Erkenntnissen über den Kernbereich privater Lebensgestaltung ist unzulässig.

(2) 1Sofern erst die Weiterverarbeitung der erhobenen personenbezogenen Daten ergibt, dass diese dem Kernbereich privater Lebensgestaltung unterfallen, sind diese unverzüglich zu löschen. 2Die Löschung ist zu protokollieren. 3Die Protokolldaten dürfen ausschließlich zur Durchführung von Kontrollen der Datenverarbeitung einschließlich der Datenschutzkontrolle verwendet werden. 4Die Protokolldaten sind bis zum Ablauf des zweiten auf die Protokollierung folgenden Kalenderjahres aufzubewahren und danach unverzüglich zu löschen.

(3) 1Bestehen im Rahmen der Weiterverarbeitung nach Absatz 2 Zweifel und sollen die Daten nicht unverzüglich gelöscht werden, dürfen die Daten nicht ohne vorherige Prüfung durch den Unabhängigen Kontrollrat verwendet werden. 2Stellt der Unabhängige Kontrollrat fest, dass die Daten nicht weiterverarbeitet werden dürfen, sind die Daten unverzüglich zu löschen. 3Die Löschung ist zu protokollieren. 4Die Protokolldaten dürfen ausschließlich zur Durchführung der Datenschutzkontrolle verwendet werden. 5Die Protokolldaten sind bis zum Ablauf des zweiten auf die Protokollierung folgenden Kalenderjahres aufzubewahren und danach unverzüglich zu löschen.




§ 23 Anordnung



(1) Strategische Aufklärungsmaßnahmen nach § 19 Absatz 1 bedürfen der Anordnung durch die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes oder durch eine Vertretung, die die Präsidentin oder der Präsident des Bundesnachrichtendienstes bestimmt hat.

(2) 1Die Anordnung nach Absatz 1 ergeht schriftlich. 2In der Anordnung sind anzugeben:

1.
der Aufklärungszweck,

2.
das Aufklärungsthema im Sinne des § 19 Absatz 3 oder Absatz 4,

3.
der geografische Fokus,

4.
die Dauer,

5.
eine Begründung.

(3) Bei strategischen Aufklärungsmaßnahmen nach § 19 Absatz 1 Nummer 2 ist bei der Darstellung des Aufklärungsthemas die Art der Gefahr nach § 19 Absatz 4 zu benennen, die aufgeklärt werden soll.

(4) 1Der Unabhängige Kontrollrat prüft die Rechtmäßigkeit der Anordnung von strategischen Aufklärungsmaßnahmen vor deren Vollzug. 2Bestätigt der Unabhängige Kontrollrat die Rechtmäßigkeit der Anordnung nicht, tritt die Anordnung außer Kraft. 3Bei Gefahr im Verzug erfolgt eine vorläufige Prüfung der Rechtmäßigkeit durch ein Mitglied des gerichtsähnlichen Kontrollorgans des Unabhängigen Kontrollrates, wenn andernfalls der Aufklärungszweck der strategischen Aufklärungsmaßnahme vereitelt oder wesentlich erschwert würde. 4Wird im Rahmen der vorläufigen Prüfung festgestellt, dass die Anordnung rechtmäßig ist, darf diese vollzogen werden. 5In diesem Fall ist die Prüfung durch den Unabhängigen Kontrollrat unverzüglich nachzuholen. 6Hebt der Unabhängige Kontrollrat die Entscheidung nach Satz 3 auf, tritt die Anordnung außer Kraft und die bereits erhobenen Daten sind unverzüglich zu löschen.

(5) 1Die gezielte Datenerhebung nach

1.
§ 20 Absatz 1, soweit sich diese auf Einrichtungen der Europäischen Union oder auf öffentliche Stellen ihrer Mitgliedstaaten bezieht,

2.
§ 20 Absatz 2 und

3.
§ 21 Absatz 2

bedarf der Anordnung durch die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes oder durch eine Vertretung, die die Präsidentin oder der Präsident des Bundesnachrichtendienstes bestimmt hat. 2Soweit zu den in Satz 1 genannten Zielen bereits eine Beschränkungsanordnung nach den §§ 3, 5 oder § 8 des Artikel 10-Gesetzes vorliegt, ist die Anordnung nach Satz 1 entbehrlich. 3Der Unabhängige Kontrollrat ist über entsprechende Beschränkungsanordnungen zu unterrichten.

(6) 1Die Anordnung nach Absatz 5 Satz 1 ergeht schriftlich. 2In der Anordnung sind anzugeben:

1.
die strategische Aufklärungsmaßnahme, in deren Rahmen die gezielte Datenerhebung erfolgt,

2.
das Ziel der gezielten Datenerhebung,

3.
die Dauer der gezielten Datenerhebung,

4.
eine Begründung.

3Die Nennung einzelner Suchbegriffe, die zur gezielten Datenerhebung verwendet werden, ist nicht erforderlich.

(7) 1Der Unabhängige Kontrollrat prüft die Rechtmäßigkeit der Anordnungen der gezielten Datenerhebung vor deren Vollzug. 2Bestätigt der Unabhängige Kontrollrat die Rechtmäßigkeit der Anordnung nicht, tritt die Anordnung außer Kraft. 3Bei Gefahr im Verzug erfolgt eine vorläufige Prüfung der Rechtmäßigkeit durch ein Mitglied des gerichtsähnlichen Kontrollorgans des Unabhängigen Kontrollrates, wenn andernfalls der Aufklärungszweck der gezielten Datenerhebung vereitelt oder wesentlich erschwert würde. 4Wird im Rahmen der vorläufigen Prüfung festgestellt, dass die Anordnung rechtmäßig ist, darf diese vollzogen werden. 5In diesem Fall ist die Prüfung durch den Unabhängigen Kontrollrat unverzüglich nachzuholen. 6Hebt der Unabhängige Kontrollrat die Entscheidung nach Satz 3 auf, tritt die Anordnung außer Kraft und die bereits erhobenen Daten sind unverzüglich zu löschen.

(8) Der Bundesnachrichtendienst unterrichtet das Bundeskanzleramt in regelmäßigen Abständen über Anordnungen nach den Absätzen 1 und 5.




§ 24 Eignungsprüfung



(1) Der Bundesnachrichtendienst darf personenbezogene Daten aus Telekommunikationsnetzen erheben und auswerten, soweit dies zur Bestimmung

1.
geeigneter Telekommunikationsnetze oder

2.
geeigneter Suchbegriffe

im Rahmen strategischer Aufklärungsmaßnahmen nach § 19 Absatz 1 erforderlich ist (Eignungsprüfung).

(2) 1Eine Eignungsprüfung nach Absatz 1 Nummer 1 darf nur durchgeführt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass in dem zu prüfenden Telekommunikationsnetz geeignete Daten für strategische Aufklärungsmaßnahmen übertragen werden. 2Die Eignungsprüfung nach Absatz 1 Nummer 1 ist auf sechs Monate zu befristen. 3Eine mehrmalige Verlängerung um jeweils weitere sechs Monate ist zulässig.

(3) Die Eignungsprüfung nach Absatz 1 Nummer 1 ist durch die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes oder durch eine Vertretung, die die Präsidentin oder der Präsident des Bundesnachrichtendienstes bestimmt hat, schriftlich anzuordnen.

(4) Ist für die Durchführung der Eignungsprüfung die Mitwirkung eines Unternehmens erforderlich, das geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt und in Deutschland eine Niederlassung hat oder die vorgenannten Dienste oder Mitwirkungshandlungen in Deutschland erbringt, gilt § 25 entsprechend.

(5) 1Die im Rahmen einer Eignungsprüfung erhobenen personenbezogenen Daten dürfen nur zum Zweck der Eignungsprüfung verwendet werden. 2§ 5 Absatz 7 Satz 2 bis 8 des BSI-Gesetzes gilt entsprechend. 3Der Bundesnachrichtendienst darf die erhobenen personenbezogenen Daten speichern, soweit dies zur Durchführung der Eignungsprüfung erforderlich ist. 4Die Auswertung ist unverzüglich nach der Erhebung durchzuführen.

(6) 1Personenbezogene Daten für eine Eignungsprüfung nach Absatz 1 Nummer 2 sind spätestens zwei Wochen, personenbezogene Daten für eine Eignungsprüfung nach Absatz 1 Nummer 1 spätestens vier Wochen nach ihrer Erhebung zu löschen. 2Satz 1 findet keine Anwendung auf personenbezogene Daten, sofern und solange deren Inhalte zum Zeitpunkt der Erhebung aus technischen Gründen nicht lesbar gemacht werden können und zu Forschungszwecken benötigt werden. 3Auch diese Daten, die im Rahmen der Eignungsprüfung erhoben wurden, sind spätestens nach zehn Jahren zu löschen. 4Die Löschung ist zu protokollieren. 5Die Protokolldaten dürfen ausschließlich zur Durchführung von Kontrollen der Datenverarbeitung, einschließlich der Datenschutzkontrolle, verwendet werden. 6Die Protokolldaten sind bis zum Ablauf des zweiten auf die Protokollierung folgenden Kalenderjahres aufzubewahren und danach unverzüglich zu löschen.

(7) 1Abweichend von Absatz 5 Satz 1 ist zulässig:

1.
die Weiterverarbeitung der im Rahmen einer Eignungsprüfung erhobenen personenbezogenen Daten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine erhebliche Gefahr besteht für

a)
Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder

b)
die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder die Sicherheit von Einrichtungen der Europäischen Union, der Europäischen Freihandelsassoziation oder des Nordatlantikvertrages oder der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, der Europäischen Freihandelsassoziation oder des Nordatlantikvertrages,

2.
die Übermittlung der im Rahmen einer Eignungsprüfung erhobenen personenbezogenen Daten an die Bundeswehr, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dies erforderlich ist

a)
zum Schutz von Leib, Leben oder Freiheit einer Person,

b)
zum Schutz der Funktionsfähigkeit der Bundeswehr für die Landes- oder Bündnisverteidigung,

c)
zum Schutz der Funktionsfähigkeit der Bundeswehr bei Auslandseinsätzen oder

d)
zum Schutz der Funktionsfähigkeit der Streitkräfte von Mitgliedstaaten der Europäischen Union, des Nordatlantikvertrages oder der Europäischen Freihandelsassoziation.

2Eine Übermittlung darf in Fällen des Satzes 1 Nummer 2 auch automatisiert erfolgen. 3Die Kennzeichnung der Daten nach § 19 Absatz 10 erfolgt erst bei der Weiterverarbeitung der Daten nach Satz 1.




§ 25 Pflichten der Anbieter von Telekommunikationsdiensten, Entschädigung



(1) 1Wer geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt und in Deutschland eine Niederlassung hat oder die vorgenannten Dienste oder Mitwirkungshandlungen in Deutschland erbringt, hat dem Bundesnachrichtendienst auf Anordnung des Bundeskanzleramtes Auskunft über die näheren Umstände der nach Wirksamwerden der Anordnung durchgeführten Telekommunikation zu erteilen, Sendungen, die ihm zur Übermittlung auf dem Telekommunikationsweg anvertraut sind, auszuhändigen sowie die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zu ermöglichen. 2Die §§ 3 und 4 bleiben unberührt. 3Ob und in welchem Umfang das verpflichtete Telekommunikationsunternehmen Vorkehrungen für die technische und organisatorische Umsetzung zu treffen hat, bestimmt sich nach § 170 des Telekommunikationsgesetzes und der dazu erlassenen Rechtsverordnung.

(2) 1Die Anordnung nach Absatz 1 Satz 1 ergeht schriftlich und ist dem nach Absatz 1 verpflichteten Unternehmen insoweit mitzuteilen, als dies erforderlich ist, um die Erfüllung seiner Verpflichtungen zu ermöglichen. 2Die Anordnung muss bezeichnen:

1.
das verpflichtete Unternehmen,

2.
die Dauer der Verpflichtung sowie

3.
die betroffene Telekommunikation.

(3) 1Das nach Absatz 1 verpflichtete Unternehmen hat vor Durchführung einer beabsichtigten Maßnahme unverzüglich die Personen, die mit der Durchführung der Maßnahme betraut werden sollen,

1.
auszuwählen,

2.
einer einfachen Sicherheitsüberprüfung unterziehen zu lassen und

3.
über Mitteilungsverbote nach § 60 sowie die Strafbarkeit eines Verstoßes nach § 66 zu belehren; die Belehrung ist aktenkundig zu machen.

2Mit der Durchführung einer Maßnahme dürfen nur Personen betraut werden, die nach Maßgabe des Satzes 1 überprüft und belehrt worden sind. 3Nach Zustimmung des Bundeskanzleramtes kann die Präsidentin oder der Präsident des Bundesnachrichtendienstes oder eine Vertretung, die die Präsidentin oder der Präsident des Bundesnachrichtendienstes bestimmt hat, die nach Absatz 1 verpflichteten Unternehmen schriftlich auffordern, die Maßnahme bereits vor Abschluss der Sicherheitsüberprüfung durchzuführen. 4Die nach Absatz 1 verpflichteten Unternehmen haben sicherzustellen, dass die Geheimschutzmaßnahmen nach der vom Bundesministerium des Innern und für Heimat erlassenen Verschlusssachenanweisung vom 13. März 2023 (GMBl S. 542) in der jeweils geltenden Fassung getroffen werden.

(4) 1Die Sicherheitsüberprüfung nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 ist entsprechend dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz durchzuführen. 2Zuständig ist das Bundesministerium des Innern und für Heimat. 3Soll mit der Durchführung einer Maßnahme eine Person betraut werden, für die innerhalb der letzten fünf Jahre bereits eine gleich- oder höherwertige Sicherheitsüberprüfung nach Bundes- oder Landesrecht durchgeführt worden ist, soll von einer erneuten Sicherheitsüberprüfung abgesehen werden.

(5) Der Bundesnachrichtendienst vereinbart mit den nach Absatz 1 verpflichteten Unternehmen für die dort genannten Leistungen eine Entschädigung, deren Höhe sich an den nachgewiesenen tatsächlichen Kosten orientiert.




§ 26 Verarbeitung von personenbezogenen Verkehrsdaten



(1) 1Der Bundesnachrichtendienst darf im Rahmen von strategischen Aufklärungsmaßnahmen nach § 19 Absatz 1 auch Verkehrsdaten verarbeiten. 2§ 19 Absatz 6 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(2) Die Kennzeichnung erfolgt abweichend von § 19 Absatz 10 erst bei der Weiterverarbeitung der Daten im Rahmen der manuellen Auswertung.

(3) 1Eine Verarbeitung von personenbezogenen Verkehrsdaten der folgenden Personen ist unzulässig:

1.
deutsche Staatsangehörige,

2.
inländische juristische Personen und

3.
sich im Bundesgebiet aufhaltende Personen.

2Satz 1 gilt nicht, sofern

1.
ausschließlich Daten, die im Rahmen des automatisierten Informationsaustausches zwischen informationstechnischen Systemen ohne unmittelbaren Bezug zu einem konkreten menschlichen Kommunikationsvorgang anfallen, verarbeitet werden oder

2.
diejenigen Verkehrsdaten, die eine Identifizierung der in Satz 1 genannten Personen ermöglichen, unverzüglich nach ihrer Erhebung automatisiert unkenntlich gemacht werden.

3Die automatisierte Unkenntlichmachung nach Satz 2 Nummer 2 ist so durchzuführen, dass die Eindeutigkeit der Daten erhalten bleibt und eine rückwirkende Identifizierung der in Satz 1 genannten Personen unmöglich oder nur mit unvertretbar hohem Aufwand möglich ist. 4Der Bundesnachrichtendienst darf Verkehrsdaten, die nach Satz 2 Nummer 2 unkenntlich gemacht wurden, zur Erfüllung seiner Aufgaben weiterverarbeiten, um

1.
Personen außerhalb des in Satz 1 genannten Personenkreises zu erkennen, die einen Deutschlandbezug aufweisen und über die Informationen erlangt werden können, die für die Aufgabenerfüllung des Bundesnachrichtendienstes relevant sind, sowie

2.
geeignete Übertragungswege im Sinne des § 10 Absatz 4 Satz 2 des Artikel 10-Gesetzes zu bestimmen.

(4) 1Ergibt erst die Datenauswertung, dass Daten entgegen Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 nicht unkenntlich gemacht wurden, sind diese Daten unverzüglich entsprechend Absatz 3 Satz 3 unkenntlich zu machen. 2Werden die Daten nicht unverzüglich unkenntlich gemacht, so sind sie unverzüglich zu löschen. 3Dies gilt nicht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass durch die Weiterverarbeitung der Daten eine erhebliche Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person, die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder die Sicherheit anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union, der Europäischen Freihandelsassoziation oder des Nordatlantikvertrages abgewendet werden kann. 4Werden die Daten nicht unverzüglich unkenntlich gemacht oder gelöscht, ist die G 10-Kommission in ihrer nächsten Sitzung zu unterrichten.

(5) 1Die Verkehrsdaten werden höchstens sechs Monate gespeichert. 2Eine darüber hinausgehende Speicherung ist im Einzelfall möglich, soweit die Speicherung für die Aufgabenerfüllung des Bundesnachrichtendienstes weiterhin erforderlich ist. 3Für die weitere Speicherung gilt § 27 entsprechend.




§ 27 Auswertung der Daten und Prüfpflichten



(1) 1Der Bundesnachrichtendienst prüft die anhand von Suchbegriffen erhobenen personenbezogenen Inhaltsdaten unverzüglich und sodann regelmäßig in Abständen von höchstens sieben Jahren daraufhin, ob sie allein oder zusammen mit bereits vorliegenden Daten für die in § 19 Absatz 1 bestimmten Zwecke erforderlich sind. 2Hierbei ist auf den jeweiligen Zweck der Erhebung gemäß § 19 Absatz 1 abzustellen. 3Soweit die personenbezogenen Daten für diese Zwecke nicht erforderlich sind, sind sie unverzüglich zu löschen. 4Die Löschung ist zu protokollieren. 5Die Protokolldaten dürfen ausschließlich zur Durchführung von Kontrollen der Datenverarbeitung, einschließlich der Datenschutzkontrolle, verwendet werden. 6Die Protokolldaten sind bis zum Ablauf des zweiten auf die Protokollierung folgenden Kalenderjahres aufzubewahren und danach unverzüglich zu löschen.

(2) Die Löschung der Daten unterbleibt, solange und soweit die Daten für eine Mitteilung nach § 59 oder zu Kontrollzwecken des Unabhängigen Kontrollrates erforderlich sind.




§ 28 Datenerhebung durch eine ausländische öffentliche Stelle



(1) Der Bundesnachrichtendienst darf ausländische öffentliche Stellen zur Durchführung strategischer Aufklärungsmaßnahmen ersuchen.

(2) 1Der Bundesnachrichtendienst darf die von der ausländischen öffentlichen Stelle erhobenen Daten verarbeiten. 2Die in diesem Unterabschnitt geregelten Vorschriften zur Datenverarbeitung finden entsprechende Anwendung.

(3) 1Soweit die ausländische öffentliche Stelle zur Datenerhebung Suchbegriffe des Bundesnachrichtendienstes verwendet, müssen diese Suchbegriffe die Voraussetzungen des § 19 Absatz 5 und der §§ 20 bis 22 und 23 Absatz 5 erfüllen. 2Die ausländische öffentliche Stelle darf diese Suchbegriffe für eigene Zwecke nur nach vorheriger Zustimmung des Bundesnachrichtendienstes nutzen. 3Eine solche Zustimmung kann erteilt werden, wenn eine Übermittlung der Suchbegriffe nach § 11e zulässig wäre.