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Abschnitt 3 - Investment-Verhaltens- und Organisationsverordnung (InvVerOV)

V. v. 28.06.2011 BGBl. I S. 1288 (Nr. 33); aufgehoben durch § 8 V. v. 16.07.2013 BGBl. I S. 2460
Geltung ab 01.07.2011; FNA: 7612-2-6 Investmentwesen
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Abschnitt 3 Interessenkonflikte

§ 15 Kriterien für die Feststellung von Interessenkonflikten



(1) Um die Arten von Interessenkonflikten zu erkennen, die bei der Erbringung der kollektiven Vermögensverwaltung entstehen und die Interessen des Investmentvermögens beeinträchtigen können, muss die Kapitalanlagegesellschaft prüfen, inwieweit sie selbst, eine relevante Person oder eine Person, die direkt oder indirekt durch eine Kontrolle im Sinne des § 1 Absatz 8 des Kreditwesengesetzes mit der Kapitalanlagegesellschaft verbunden ist, aufgrund der Erbringung der kollektiven Vermögensverwaltung oder einer anderen Dienst- oder Nebendienstleistung nach § 7 Absatz 2 des Investmentgesetzes

1.
zu Lasten eines Investmentvermögens einen finanziellen Vorteil erzielen oder Verlust vermeiden könnte,

2.
am Ergebnis einer für das Investmentvermögen oder für einen Kunden erbrachten Dienstleistung oder eines für das Investmentvermögen oder für einen Kunden getätigten Geschäfts ein Interesse hat, das nicht mit dem Interesse des Investmentvermögens an diesem Ergebnis übereinstimmt,

3.
einen finanziellen oder sonstigen Anreiz hat, die Interessen eines Kunden oder einer anderen Kundengruppe über die Interessen des Investmentvermögens zu stellen,

4.
die gleichen Tätigkeiten für ein Investmentvermögen und einen oder mehrere Kunden ausführt oder

5.
im Zusammenhang mit der Erbringung der kollektiven Vermögensverwaltung über die hierfür übliche Provision oder Gebühr hinaus von einem Dritten eine Zuwendung erhalten oder in Zukunft erhalten könnte.

(2) Die Kapitalanlagegesellschaft hat bei der Ermittlung der Arten von Interessenkonflikten zu berücksichtigen:

1.
ihre eigenen Interessen, einschließlich solcher, die aus der Zugehörigkeit der Kapitalanlagegesellschaft zu einer Unternehmensgruppe im Sinne des § 16 Absatz 2 dieser Verordnung oder aus der Erbringung von Dienstleistungen nach § 7 des Investmentgesetzes resultieren,

2.
die Interessen des jeweiligen Investmentvermögens, der Kunden und ihre Verpflichtung gegenüber dem Investmentvermögen sowie

3.
die Interessen von zwei oder mehreren verwalteten Investmentvermögen.


§ 16 Grundsätze für den Umgang mit Interessenkonflikten



(1) Die Kapitalanlagegesellschaft hat ihrer Größe und Organisation sowie der Art, dem Umfang und der Komplexität ihrer Geschäfte entsprechend wirksame Grundsätze für den Umgang mit Interessenkonflikten schriftlich festzulegen, einzuhalten und aufrechtzuerhalten. In den Grundsätzen ist zu bestimmen,

1.
unter welchen Umständen bei der Erbringung der kollektiven Vermögensverwaltung Interessenkonflikte auftreten können, die den Interessen des Investmentvermögens oder eines oder mehrerer Kunden erheblich schaden könnten, und

2.
welche Verfahren einzuhalten und welche Maßnahmen zu treffen sind, um diese Interessenkonflikte zu bewältigen.

(2) Gehört die Kapitalanlagegesellschaft einer Unternehmensgruppe an, hat sie in den Grundsätzen nach Absatz 1 auch Interessenkonflikten Rechnung zu tragen, die sich aus der Struktur und Geschäftstätigkeit anderer Unternehmen derselben Unternehmensgruppe ergeben und die die Kapitalanlagegesellschaft kennt oder kennen müsste. Eine Unternehmensgruppe im Sinne des Satzes 1 erfasst Mutterunternehmen und Tochterunternehmen im Sinne des § 290 des Handelsgesetzbuchs, Unternehmen, an denen diese eine Beteiligung im Sinne des § 271 Absatz 1 des Handelsgesetzbuchs halten, sowie alle Unternehmen, die aufgrund eines mit diesen Unternehmen geschlossenen Vertrages oder einer Satzungsbestimmung dieser Unternehmen einer einheitlichen Leitung unterstehen oder deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgane sich während des Geschäftsjahres und bis zur Aufstellung des konsolidierten Abschlusses mehrheitlich aus denselben Personen zusammensetzen.


§ 17 Unabhängigkeit beim Konfliktmanagement



(1) Die Kapitalanlagegesellschaft hat die Verfahren und Maßnahmen nach § 16 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 so zu gestalten, dass relevante Personen mit verschiedenen Tätigkeiten, bei denen Interessenkonflikte entstehen können, diese Tätigkeiten mit einer der Größe und Geschäftstätigkeit der Kapitalanlagegesellschaft und ihrer Unternehmensgruppe sowie dem Risiko einer Beeinträchtigung von Interessen des Investmentvermögens oder Kundeninteressen angemessenen Unabhängigkeit ausführen. Soweit dies zur Gewährleistung des erforderlichen Grades an Unabhängigkeit notwendig und angemessen ist, umfassen die Verfahren und Maßnahmen nach Satz 1:

1.
wirksame Verfahren zur Verhinderung oder Kontrolle eines Informationsaustauschs zwischen relevanten Personen, die in der kollektiven Vermögensverwaltung tätig sind und deren Tätigkeiten einen Interessenkonflikt nach sich ziehen könnten, wenn dieser Informationsaustausch den Interessen eines Investmentvermögens oder den Interessen eines Kunden schaden könnte,

2.
die gesonderte Überwachung relevanter Personen, zu deren Hauptaufgaben die kollektive Vermögensverwaltung für Anleger oder die Erbringung von Dienst- oder Nebendienstleistungen nach § 7 Absatz 2 des Investmentgesetzes für Kunden oder Anleger gehört, deren Interessen möglicherweise kollidieren oder die sonst unterschiedliche Interessen vertreten, die möglicherweise kollidieren, auch in Bezug auf die Interessen der Kapitalanlagegesellschaft,

3.
die Unabhängigkeit der Vergütung relevanter Personen von der Vergütung oder den Einnahmen anderer relevanter Personen mit anderen Aufgabenbereichen, wenn bei diesen Tätigkeiten ein Interessenkonflikt entstehen könnte,

4.
die Verhinderung einer unsachgemäßen Einflussnahme anderer Personen auf die Tätigkeit relevanter Personen, die die kollektive Vermögensverwaltung erbringen, und

5.
die Verhinderung oder Kontrolle einer gleichzeitigen oder anschließenden Beteiligung einer relevanten Person an einer anderen kollektiven Vermögensverwaltung, wenn eine solche Beteiligung ein ordnungsgemäßes Konfliktmanagement beeinträchtigen könnte.

(2) Soweit mit einer oder mehreren der in Absatz 1 Satz 2 genannten Maßnahmen und Verfahren der erforderliche Grad an Unabhängigkeit nicht gewährleistet wird, hat die Kapitalanlagegesellschaft dafür notwendige alternative oder zusätzliche Maßnahmen und Verfahren zu treffen.


§ 18 Umgang mit Tätigkeiten, die einen nachteiligen Interessenkonflikt auslösen



(1) Die Kapitalanlagegesellschaft hat die Arten der von ihr oder in ihrem Namen erbrachten kollektiven Vermögensverwaltung aufzuzeichnen, bei denen ein den Interessen eines oder mehrerer Investmentvermögen oder eines Kunden in erheblichem Maße abträglicher Interessenkonflikt aufgetreten ist oder im Falle der laufenden kollektiven Vermögensverwaltung noch auftreten könnte, sowie diese Aufzeichnungen regelmäßig zu aktualisieren.

(2) In den Fällen, in denen die organisatorischen und administrativen Vorkehrungen der Kapitalanlagegesellschaft zum Umgang mit Interessenkonflikten nicht ausreichen, um nach vernünftigem Ermessen zu gewährleisten, dass das Risiko einer Schädigung der Interessen des Investmentvermögens oder seiner Anleger ausgeschlossen werden kann, sind die Geschäftsleiter oder eine andere interne Stelle der Kapitalanlagegesellschaft unverzüglich zu informieren. In diesem Fall haben die Geschäftsleiter oder die andere interne Stelle die notwendigen Entscheidungen zu treffen, um sicherzustellen, dass die Kapitalanlagegesellschaft stets im besten Interesse des Investmentvermögens und seiner Anleger handelt.

(3) Die Kapitalanlagegesellschaft hat die Anleger mittels eines dauerhaften Datenträgers über die in Absatz 2 genannte Situation zu informieren und die hierzu ergangenen Entscheidungen mitzuteilen und zu begründen. § 42a des Investmentgesetzes gilt entsprechend. Bei Spezial-Sondervermögen kann die Kapitalanlagegesellschaft mit Zustimmung der Anleger von der Information nach Satz 1 absehen.


§ 19 Strategien für die Ausübung von Stimmrechten



(1) Die Kapitalanlagegesellschaft hat angemessene und wirksame Strategien im Hinblick darauf auszuarbeiten, wann und wie die mit Aktien verbundenen Stimmrechte ausgeübt werden sollen, damit die Stimmrechtsausübung ausschließlich zum Nutzen des betreffenden Investmentvermögens erfolgt.

(2) Die in Absatz 1 genannten Strategien müssen Maßnahmen und Verfahren umfassen, die

1.
eine Überwachung der relevanten gesellschaftlichen Ereignisse ermöglichen,

2.
sicherstellen, dass die Ausübung von Stimmrechten mit den Anlagezielen und der Anlagepolitik des jeweiligen Investmentvermögens in Einklang steht, und

3.
Interessenkonflikte, die aus der Ausübung von Stimmrechten resultieren, verhindern oder regeln.

(3) Die Kapitalanlagegesellschaft hat den Anlegern eine Kurzbeschreibung der in Absatz 1 genannten Strategien auf ihrer Internetseite zur Verfügung zu stellen. Einzelheiten zu den aufgrund dieser Strategien getroffenen Maßnahmen hat sie den Anlegern auf Verlangen kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Bei Spezial-Sondervermögen kann die Kapitalanlagegesellschaft mit Zustimmung der Anleger von der Information nach Satz 1 absehen.