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Abschnitt 6 - Tiergesundheitsgesetz (TierGesG)

neugefasst durch B. v. 21.11.2018 BGBl. I S. 1938; zuletzt geändert durch Artikel 2 V. v. 21.12.2022 BGBl. I S. 2852
Geltung ab 01.05.2014, Ermächtigungen gelten ab 28.05.2013; FNA: 7831-14 Tierseuchenbekämpfung
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Abschnitt 6 Entschädigung für Tierverluste

§ 15 Grundsatz der Entschädigung



Vorbehaltlich der in diesem Gesetz bezeichneten Ausnahmen wird auf Antrag eine Entschädigung in Geld geleistet für

1.
Tiere, die auf behördliche Anordnung getötet worden oder nach Anordnung der Tötung verendet sind,

2.
Tiere, bei denen nach dem Tode eine anzeigepflichtige Tierseuche festgestellt worden ist, soweit die Voraussetzungen gegeben waren, unter denen die Tiere auf behördliche Anordnung hätten getötet werden müssen,

3.
Tiere, bei denen nach dem Tode Milzbrand, Rauschbrand oder Tollwut festgestellt worden ist,

4.
Rinder, bei denen nach dem Tode Aujeszkysche Krankheit festgestellt worden ist,

5.
Tiere, von denen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie auf Grund einer tierseuchenrechtlich vorgeschriebenen oder behördlich angeordneten Impfung, Behandlung oder Maßnahme diagnostischer Art oder im Zusammenhang mit der jeweiligen Durchführung getötet werden mussten oder verendet sind und der Tod der Tiere innerhalb von 30 Tagen nach Durchführung einer oder, im Falle der Durchführung mehrerer der vorgenannten Maßnahmen, nach Durchführung der letzten Maßnahme eingetreten ist,

6.
Rinder, Schweine, Schafe und Geflügel, die oder das Viehhöfen oder Schlachtstätten zugeführt und bei der amtlichen Auftriebsuntersuchung oder bei der Schlachttieruntersuchung als nicht seuchenkrank oder seuchenverdächtig befunden worden sind oder ist, soweit deren oder dessen Fleisch nach der Schlachtung im Rahmen der Fleischuntersuchung auf Grund einer tierseuchenrechtlichen Vorschrift oder einer auf eine solche Vorschrift gestützten behördlichen Anordnung gemaßregelt worden ist.


§ 16 Höhe der Entschädigung



(1) 1Der Entschädigung wird der gemeine Wert des Tieres zu Grunde gelegt. 2Der gemeine Wert wird ohne Rücksicht auf die Wertminderung, die das Tier infolge der Tierseuche oder einer tierseuchenrechtlich vorgeschriebenen oder behördlich angeordneten Maßnahme erlitten hat, ermittelt.

(2) 1Die Entschädigung darf folgende Höchstsätze je Tier nicht überschreiten:

1.
Pferde, Esel, Maulesel, Maultiere 6.000 Euro,

2.
Rinder einschließlich Bisons, Wisente und Wasserbüffel 4.000 Euro,

3.
Schweine 1.500 Euro,

4.
Gehegewild 1.000 Euro,

5.
Schafe 800 Euro,

6.
Ziegen 800 Euro,

7.
Geflügel 50 Euro.

2Im Falle von Bienen und Hummeln beträgt der Höchstsatz der Entschädigung 200 Euro je Volk und im Falle von Fischen 20 Euro je Kilogramm Lebendgewicht. 3Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates in Abhängigkeit von der Steigerung des gemeinen Wertes der Tiere die in den Sätzen 1 und 2 festgesetzten Höchstsätze um bis zu 50 vom Hundert zu erhöhen, um ihr Verhältnis zum gemeinen Wert der Tiere bei der jeweiligen Tierart zu wahren.

(3) Die Entschädigung nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 mindert sich

1.
um 50 vom Hundert für Tiere, die, außer in den Fällen des § 15 Nummer 3 und 4, vor Erstattung der Anzeige nachweislich an der Tierseuche verendet oder wegen der Tierseuche getötet worden sind,

2.
um 20 vom Hundert im Falle des § 15 Nummer 6.

(4) 1Auf die Entschädigung wird der Wert der nach Maßgabe einer tierseuchenrechtlichen Vorschrift oder behördlichen Anordnung verwertbaren Teile des Tieres angerechnet. 2Die bei der Verwertung oder Tötung des Tieres unmittelbar entstehenden Kosten zählen nicht zur Entschädigung, sie sind zusätzlich zu erstatten. 3Bei der Festsetzung der Entschädigung werden Steuern nicht berücksichtigt. 4Dies gilt nicht für Kosten nach Satz 2.


§ 17 Ausschluss der Entschädigung



Keine Entschädigung wird gewährt für

1.
Tiere, die dem Bund oder einem Land gehören,

2.
Tiere, die entgegen § 13 oder einem der Bekämpfung von oder der Vorbeugung vor Tierseuchen dienenden unmittelbar geltenden Rechtsakt der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes eingeführt, durchgeführt oder innergemeinschaftlich in das Inland verbracht worden sind,

3.
Tiere, die entgegen einer Vorschrift einer nach § 14 Absatz 1 erlassenen Rechtsverordnung eingeführt, durchgeführt oder innergemeinschaftlich in das Inland verbracht worden sind,

4.
Tiere, die nach der Einfuhr oder dem innergemeinschaftlichen Verbringen in das Inland auf Grund einer im Zusammenhang mit der Einfuhr oder dem innergemeinschaftlichen Verbringen tierseuchenrechtlich vorgeschriebenen oder behördlich angeordneten Maßnahme oder im Zusammenhang mit einer solchen Maßnahme getötet werden mussten oder verendet sind,

5.
Schlachtvieh, das Viehhöfen oder Schlachtstätten zugeführt worden ist; dies gilt nicht in den Fällen des § 15 Nummer 1, 3 bis 6,

6.
wildlebende Tiere oder gefangen gehaltene wildlebende Tiere, ausgenommen Gehegewild,

7.
Tiere, die zu Tierversuchen verwendet werden,

8.
Haustiere, die nicht Vieh, Bienen oder Hummeln sind,

9.
Zebras, Zebroide und Kameliden,

10.
Fische, die zu Zierzwecken gezüchtet, gehalten oder gehältert werden.


§ 18 Entfallen der Entschädigung



(1) 1Der Anspruch auf Entschädigung entfällt, wenn der Tierhalter oder sein Vertreter im Zusammenhang mit dem die Entschädigung auslösenden Fall

1.
schuldhaft

a)
eine Vorschrift dieses Gesetzes oder eine Vorschrift eines unmittelbar geltenden Rechtsaktes der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes,

b)
den § 18 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches oder eine Vorschrift eines unmittelbar geltenden Rechtsaktes der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich des § 18 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches,

c)
eine Vorschrift des Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetzes oder eines unmittelbar geltenden Rechtsaktes der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union auf dem Gebiet der tierischen Nebenprodukte,

d)
eine Vorschrift einer nach einem der in Buchstabe a, b oder c bezeichneten Bestimmungen erlassenen Rechtsverordnung oder

e)
eine Maßnahme, die nach einem der in Buchstabe a, b oder c bezeichneten Bestimmungen oder einer nach Buchstabe d genannten Rechtsverordnung angeordnet worden ist,

nicht, nicht ordnungsgemäß oder nicht vollständig befolgt oder nicht befolgt hat,

2.
die nach § 4 vorgeschriebene Anzeige schuldhaft nicht oder nicht unverzüglich erstattet hat, es sei denn, dass die Anzeige von einem anderen nach § 4 Verpflichteten unverzüglich erstattet worden ist,

3.
an der Tierseuche erkrankte Haustiere oder Fische erworben hat und beim Erwerb Kenntnis von der Tierseuche hatte oder den Umständen nach hätte haben müssen.

2In den Fällen des § 15 Nummer 1 entfällt der Anspruch auf Entschädigung auch, wenn ein vollständiger Antrag auf Zahlung der Entschädigung nicht spätestens 30 Tage nach der Tötung des Tieres, im Falle der Tötung eines Bestandes nach der Tötung des letzten Tieres des Bestandes bei der nach Landesrecht zuständigen Stelle eingegangen ist. 3§ 32 des Verwaltungsverfahrensgesetzes gilt entsprechend.

(2) Der Anspruch entfällt ferner für Tiere, die vom Tierhalter auf eigenen Wunsch mit Genehmigung der zuständigen Behörde in einen auf Grund einer tierseuchenrechtlichen Vorschrift gesperrten Bestand verbracht werden, wenn diese Tiere aus Gründen der Tierseuchenbekämpfung während der Sperre und wegen der Tierseuche, die zur Sperre geführt hat, getötet werden oder nachweislich an der Tierseuche verendet sind.

(3) Soweit nach Maßgabe des § 20 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Satz 1 auf Grund landesrechtlicher Vorschriften vom Tierhalter Beiträge zur Gewährung von Entschädigungen erhoben werden, entfällt der Anspruch außerdem, wenn der Tierhalter schuldhaft

1.
bei den hierzu vorgeschriebenen Erhebungen einen Tierbestand nicht angibt oder eine zu geringe Tierzahl angibt oder

2.
seine Beitragspflicht nicht erfüllt.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten in den Fällen des § 16 Absatz 4 Satz 2 entsprechend.


§ 19 Teilweise Entschädigung



Die Entschädigung kann in den Fällen des § 18 Absatz 1 Satz 1 und 2 und Absatz 3 teilweise gewährt werden, wenn die Schuld gering ist oder die Versagung der Entschädigung für den Tierhalter eine unbillige Härte bedeuten würde.


§ 20 Entschädigungspflichtiger



(1) 1Die Länder regeln, wer die Entschädigung gewährt und wie sie aufzubringen ist. 2Das Land hat die Entschädigung zu leisten; soweit von Tierhaltern für bestimmte Tierarten zur Gewährung von Entschädigungen Beiträge nach Absatz 2 Satz 1 erhoben werden, hat es die Entschädigung jedoch nur zur Hälfte zu leisten.

(2) 1Beiträge sind für Pferde, Esel, Maultiere und Maulesel, Rinder einschließlich Bisons, Wisente und Wasserbüffel, Schweine, Schafe und Ziegen, Gehegewild, Geflügel, Bienen, Hummeln und Fische zu erheben. 2Von der Erhebung von Beiträgen für Pferde, Esel, Maultiere, Maulesel, Ziegen, Gehegewild, Geflügel, Bienen, Hummeln und Fische kann abgesehen werden, wenn sie zu einer unzumutbaren Belastung der Beitragspflichtigen, insbesondere auf Grund geringer Anzahl der betroffenen Tierhalter, führen würde oder hierfür auf Grund der Tierseuchensituation kein Bedarf besteht. 3Die Beiträge sind nach Tierarten gesondert zu erheben; bestimmte Tierarten können im Rahmen der Beitragserhebung zusammengefasst werden. 4Die Beiträge können nach der Größe der Bestände und unter Berücksichtigung der seuchenhygienischen Risiken, insbesondere auf Grund der Betriebsorganisation, sowie zusätzlich nach Alter, Gewicht oder Nutzungsart gestaffelt werden. 5Ferner können die Länder die Durchführung von Tierzählungen zum Zwecke der Beitragserhebung regeln.

(3) Werden von Tierhaltern zur Gewährung von Entschädigungen Beiträge erhoben, dürfen für Tiere, die dem Bund oder einem Land gehören, oder für das Viehhöfen oder Schlachtstätten zugeführte Schlachtvieh keine Beiträge erhoben werden.


§ 21 Entschädigungsberechtigter, Forderungsübergang



(1) Die Entschädigung wird, soweit ein anderer Berechtigter nicht bekannt ist, demjenigen gezahlt, in dessen Gewahrsam sich das Tier zum Zeitpunkt des Todes befand.

(2) Mit der Zahlung ist jeder Entschädigungsanspruch Dritter vorbehaltlich des Absatzes 3 erloschen.

(3) 1Steht dem Entschädigungsberechtigten ein Anspruch auf Ersatz des Schadens gegen einen Dritten zu, so geht der Anspruch auf den zur Entschädigung Verpflichteten über, soweit dieser die Entschädigung nach diesem Gesetz gewährt. 2Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Entschädigungsberechtigten geltend gemacht werden. 3Gibt der Entschädigungsberechtigte seinen Anspruch gegen den Dritten oder ein zur Sicherung des Anspruches dienendes Recht auf, so wird der zur Entschädigung Verpflichtete insoweit frei, als er aus dem Anspruch oder dem Recht hätte Ersatz erlangen können.

(4) Richtet sich der Ersatzanspruch des Entschädigungsberechtigten gegen einen mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen, so ist der Übergang ausgeschlossen; der Anspruch geht jedoch über, wenn der Angehörige den Schaden vorsätzlich verursacht hat.


§ 22 Ergänzende Bestimmungen



(1) Für die Anwendung der §§ 18 bis 21 stehen Betreiber einer Anlage oder Einrichtung zur Zucht, Haltung oder Hälterung von Fischen den Tierhaltern gleich.

(2) Soweit ein unmittelbar geltender Rechtsakt der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes nicht entgegensteht oder seine Durchführung es erfordert, gelten die Absätze 1, 4 bis 6 und die §§ 15 bis 21 hinsichtlich der Entschädigungen für Tierverluste auf Grund einer Vorschrift eines solchen Rechtsaktes entsprechend.

(3) In den Fällen des § 16 Absatz 4 Satz 2 gelten die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 19 bis 21 entsprechend.

(4) Weitergehende Regelungen der Länder bleiben unberührt.

(5) Für Streitigkeiten über Ansprüche nach diesem Abschnitt ist der Rechtsweg vor den Verwaltungsgerichten gegeben.

(6) 1Ansprüche nach den §§ 15 und 16 Absatz 4 Satz 2 verjähren nach einem Jahr. 2Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.