Bundesrecht - tagaktuell konsolidiert - alle Fassungen seit 2006
Vorschriftensuche
 
Achtung: Titel komplett oder überwiegend mit Ablauf des 31.07.2013 aufgehoben
>>> zur aktuellen Fassung/Nachfolgeregelung

Erster Unterabschnitt - Seemannsgesetz (SeemG k.a.Abk.)

G. v. 26.07.1957 BGBl. II S. 713; aufgehoben durch Artikel 7 G. v. 20.04.2013 BGBl. I S. 868
Geltung ab 01.01.1964; FNA: 9513-1 Schiffsbesatzung
|

Dritter Abschnitt Heuerverhältnis der Besatzungsmitglieder

Erster Unterabschnitt Begründung und Inhalt des Heuerverhältnisses

§ 23 Dauer des Heuerverhältnisses



Das Heuerverhältnis wird auf unbestimmte Zeit oder auf bestimmte Zeit, insbesondere auch für eine Reise, begründet.


§ 24 Heuerschein



(1) Der Reeder oder sein Vertreter ist verpflichtet, den wesentlichen Inhalt des Heuerverhältnisses in eine von ihm zu unterzeichnende Urkunde (Heuerschein) aufzunehmen und diese dem Besatzungsmitglied unverzüglich, spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Heuerverhältnisses auszuhändigen. In den Heuerschein sind mindestens aufzunehmen

1.
Name und Anschrift des Reeders, Vor- und Zunamen, Tag und Ort der Geburt des Besatzungsmitglieds,

2.
Art des vom Besatzungsmitglied zu leistenden Schiffsdienstes,

3.
Ort und Tag des Dienstantritts unter Angabe des Schiffs; soll das Besatzungsmitglied nur auf diesem Schiff zum Schiffsdienst verpflichtet sein, einen Hinweis darauf,

4.
Fahrtgebiet oder Ziel der Reise,

5.
Zusammensetzung und Höhe der Heuer einschließlich aller auf Grund des Heuerverhältnisses gewährten Vergütungen und deren Fälligkeit,

6.
Dauer des Heuerverhältnisses; bei befristeten Heuerverhältnissen: vorhersehbare Dauer des Heuerverhältnisses,

7.
Zeitpunkt und Ort der Begründung des Heuerverhältnisses,

8.
die vereinbarte Arbeitszeit,

9.
Dauer des jährlichen Urlaubs,

10.
Fristen für die Kündigung des Heuerverhältnisses,

11.
der in allgemeiner Form gehaltene Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- oder Bordvereinbarungen, die auf das Heuerverhältnis anzuwenden sind.

Weitere Abreden, insbesondere Nebenabreden, können in den Heuerschein aufgenommen werden. Die elektronische Form des Heuerscheins ist ausgeschlossen.

(2) Hat das Besatzungsmitglied länger als einen Monat seine Arbeitsleistung außerhalb der Bundesrepublik Deutschland an Land oder auf einem Schiff unter fremder Flagge zu erbringen, so muß der Heuerschein dem Besatzungsmitglied vor seiner Abreise ausgehändigt werden und folgende zusätzliche Angaben enthalten:

1.
die Dauer der im Ausland oder auf dem Schiff unter fremder Flagge auszuübenden Tätigkeit,

2.
die Währung, in der die Heuer ausgezahlt wird,

3.
gegebenenfalls die mit dem Auslandsaufenthalt oder dem Aufenthalt auf einem Schiff unter fremder Flagge verbundenen zusätzlichen Leistungen,

4.
gegebenenfalls die Bedingungen für die Rückkehr des Besatzungsmitgliedes.

(3) Die Angaben nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 5, 8, 9 und 10 und Absatz 2 Nr. 2 und 3 können ersetzt werden durch einen Hinweis auf die einschlägigen Tarifverträge, Betriebs- oder Bordvereinbarungen und ähnlichen Regelungen, die für das Heuerverhältnis gelten. Ist in diesen Fällen die jeweilige gesetzliche Regelung maßgebend, so kann hierauf verwiesen werden.

(4) Wenn dem Besatzungsmitglied ein schriftlicher Heuervertrag ausgehändigt worden ist, entfällt die Verpflichtung nach den Absätzen 1 und 2, soweit der Heuervertrag die in Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 geforderten Angaben enthält.

(5) Jede Änderung der wesentlichen Vertragsbedingungen ist dem Besatzungsmitglied spätestens einen Monat nach der Änderung schriftlich mitzuteilen; die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend. Satz 1 gilt nicht bei einer Änderung der gesetzlichen Vorschriften, Tarifverträge, Betriebs- oder Bordvereinbarungen, auf die nach Absatz 1 Nr. 11 oder nach Absatz 3 verwiesen worden ist.


§ 25 Dienstantritt



(1) Dem Besatzungsmitglied ist rechtzeitig der Zeitpunkt mitzuteilen, zu dem es sich an Bord einzufinden hat. Dabei ist ihm der Liegeplatz des Schiffs oder ein Meldeort anzugeben.

(2) Kann ein Besatzungsmitglied den Dienst wegen eines unabwendbaren Ereignisses nicht antreten, so hat es dies unverzüglich dem Reeder oder dem Kapitän unter Angabe der Gründe mitzuteilen.


§ 26 Anreisekosten



Befindet sich das Schiff, auf dem das Besatzungsmitglied den Dienst anzutreten hat, an einem anderen Ort als dem, an welchem das Heuerverhältnis begründet worden ist, so hat das Besatzungsmitglied Anspruch auf Ersatz der notwendigen Fahrt- und Gepäckbeförderungskosten sowie auf ein angemessenes Tage- und Übernachtungsgeld. Die gleichen Ansprüche stehen dem Besatzungsmitglied zu, wenn vor dem Dienstantritt Reisen von dem Ort der Begründung des Heuerverhältnisses zu dem Ort der Anmusterung oder einem Meldeort notwendig werden.


§ 27 Schiff der Dienstleistung



(1) Soweit nichts anderes vereinbart ist, sind Schiffsleute auf dem im Heuerschein oder in der schriftlichen Vereinbarung (§ 24 Abs. 2) bezeichneten Schiff, Schiffsoffiziere und sonstige Angestellte auf jedem Schiff des Reeders zum Schiffsdienst verpflichtet.

(2) Die Umsetzung von Schiffsoffizieren und sonstigen Angestellten auf ein anderes Schiff ist zulässig, wenn wichtige betriebliche Gründe sie erfordern und wenn die Maßnahme nicht nur den Zweck haben soll, dem Betroffenen Schaden zuzufügen.


§ 28 Bordanwesenheitspflicht



(1) Das Besatzungsmitglied ist auch während seiner dienstfreien Zeit zur Anwesenheit an Bord verpflichtet, soweit ihm nicht der Kapitän oder der zuständige Vorgesetzte Erlaubnis zum Verlassen des Schiffs erteilt hat. Die Erlaubnis darf dem Besatzungsmitglied nicht verweigert werden, soweit ihm ein Anspruch auf Landgang gemäß § 61 zusteht.

(2) Bei Seegefahr, insbesondere bei drohendem Schiffbruch, darf das Besatzungsmitglied das Schiff ohne Einwilligung des Kapitäns nicht verlassen, solange dieser selbst an Bord bleibt.


§ 29 Dienstleistungspflicht



(1) Das Besatzungsmitglied hat die Schiffsdienste zu verrichten, zu denen es im Rahmen des Heuerverhältnisses verpflichtet ist. Es hat dabei den Anordnungen der zuständigen Vorgesetzten Folge zu leisten.

(2) Über die Verpflichtung in Absatz 1 hinaus hat das Besatzungsmitglied jede Anordnung des Kapitäns zu befolgen, die dazu dienen soll, drohende Gefahr für Menschen, Schiff oder Ladung abzuwenden, einen großen Schaden zu vermeiden, schwere Störungen des Schiffsbetriebs zu verhindern oder öffentlich-rechtliche Vorschriften über die Schiffssicherheit zu erfüllen. In dringenden Fällen gilt das gleiche gegenüber Anordnungen eines an Ort und Stelle befindlichen Vorgesetzten.

(3) Die Vorschriften des Absatzes 2 gelten auch bei drohender Gefahr für andere Schiffe und Menschen.

(4) Bei Schiffbruch ist das Besatzungsmitglied verpflichtet, nach Anordnung des Kapitäns nach besten Kräften für die Rettung von Menschen und ihren Sachen sowie für die Sicherstellung der Schiffsteile, der Ausrüstung und der Ladung zu sorgen und bei der Bergung Hilfe zu leisten.


§ 30 Begriff der Heuer



(1) Die Heuer umfaßt alle auf Grund des Heuerverhältnisses gewährten Vergütungen einschließlich des Anteils an Fracht, Gewinn oder Erlös.

(2) Grundheuer ist das dem Besatzungsmitglied zustehende feste Entgelt. Pauschalvergütungen, deren Höhe sich nach dem Ausmaß der Arbeit, dem Erfolg oder ähnlichen nicht gleichbleibenden Bemessungsgrundlagen richtet, sowie sonstige Zulagen sind nicht als festes Entgelt im Sinne dieser Vorschrift anzusehen.


§ 31 Bemessung und Berechnung der Heuer



Die Grundheuer bemißt sich nach Monaten. Bei Berechnung der Heuer für einzelne Tage wird der Monat zu dreißig Tagen gerechnet.


§ 32 Entstehung des Heueranspruchs



Der Anspruch auf Heuer entsteht mit dem Dienstantritt. Hat sich das Besatzungsmitglied vorher zur Musterung zu stellen oder sonst zur Verfügung des Reeders zu halten, so entsteht der Anspruch auf Heuer schon in diesem Zeitpunkt.


§ 33 Heuer für die Anreisezeit



Für die erforderliche Anreisezeit hat das Besatzungsmitglied neben den Anreisekosten (§ 26) Anspruch auf Zahlung der Grundheuer.


§ 34 Fälligkeit der Heuer



(1) Die Grundheuer ist mit dem Ablauf eines jeden Kalendermonats und bei der Beendigung des Heuerverhältnisses fällig.

(2) Die Anteile an Fracht, Gewinn oder Erlös sind zu demselben Zeitpunkt fällig, soweit sie der Höhe nach bis dahin feststehen oder billigerweise festgestellt werden können.

(3) Stehen Anteile an Fracht, Gewinn oder Erlös bei Ablauf des Kalendermonats noch nicht fest oder wird die Heuer für eine Reise berechnet, so kann das Besatzungsmitglied jeweils nach Ablauf des Kalendermonats eine Abschlagszahlung in ungefährer Höhe des bis dahin verdienten Anteils der Heuer verlangen.


§ 35 Auszahlung der Heuer



(1) Das Besatzungsmitglied hat nur im Hafen oder auf der Reede Anspruch auf Barauszahlung der Heuer. Soweit außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes zwingende Gründe die Barauszahlung nicht zulassen, hat der Reeder das jeweilige Guthaben auf Wunsch des Besatzungsmitglieds an einen von diesem zu bestimmenden Empfänger im Geltungsbereich des Grundgesetzes zu zahlen.

(2) In einer Gast- oder Schankwirtschaft dürfen Auszahlungen nicht vorgenommen werden.


§ 36 Ziehschein



Der Reeder ist auf Verlangen des Besatzungsmitglieds verpflichtet, am fünfzehnten und am letzten Tage eines jeden Monats Abschlagszahlungen bis zu insgesamt fünfundsiebzig vom Hundert der Nettobezüge des Besatzungsmitglieds an die von diesem bezeichneten Familienangehörigen oder eine andere von ihm bezeichnete Person zu leisten. Er hat dem Besatzungsmitglied hierüber auf Verlangen einen Verpflichtungsschein (Ziehschein) zu erteilen.


§ 37 Abrechnung



(1) Über die Heuer ist zum Ablauf des Kalendermonats und bei der Beendigung des Heuerverhältnisses schriftlich Rechnung zu legen (Abrechnung). An Stelle dieser Abrechnung kann aus betriebsbedingten Gründen, insbesondere auch bei Reisen unter einem Monat, für die einzelne Reise abgerechnet werden. Soweit die Heuer Anteile an Fracht, Gewinn oder Erlös umfaßt, kann eine andere Abrechnungsfrist vereinbart werden.

(2) In der Abrechnung sind vollständige Angaben über die Zusammensetzung der Heuer, die vorgenommenen Abzüge und die Abschlagszahlungen einschließlich der auf Ziehschein geleisteten Beträge zu machen. Bei Auszahlung in fremder Währung ist der zugrunde gelegte Wechselkurs schriftlich anzugeben.

(3) Die Abrechnung ist dem Besatzungsmitglied bei der Auszahlung (§ 35) zu übergeben. Beanstandet das Besatzungsmitglied die Abrechnung, so ist der Grund der Beanstandung auf der Abrechnung zu vermerken.


§ 38 Ergänzung der Schiffsbesatzung und Verteilung der Heuer bei nicht ausreichender Schiffsbesatzung



(1) Wenn sich die Schiffsbesatzung während einer Reise vermindert und nicht zu erwarten ist, daß sich der dadurch entstehende vermehrte Arbeitsanfall im weiteren Verlauf der Reise verringern wird, so ist die Schiffsbesatzung zu ergänzen, soweit es die Umstände gestatten. Solange dies nicht geschieht, ist die während der Reise ersparte Heuer unter diejenigen Besatzungsmitglieder desselben Dienstzweigs, denen durch die Verminderung der Schiffsbesatzung ein vermehrter Arbeitsanfall erwachsen ist, im Verhältnis dieses vermehrten Arbeitsanfalls und der Heuer zu verteilen, soweit die Mehrarbeit nicht bereits durch eine Überstundenvergütung abgegolten wird.

(2) Die Heuerverteilung ist in entsprechender Anwendung des Absatzes 1 auch dann vorzunehmen, wenn ein Schiff ausnahmsweise die Fahrt mit einer Schiffsbesatzung antritt, die unter Berücksichtigung des Arbeitsschutzes nicht als ausreichend anzusehen ist und zu übermäßiger Arbeitsbelastung führt.