Bundesrecht - tagaktuell konsolidiert - alle Fassungen seit 2006
Vorschriftensuche
 

Abschnitt 4 - Tierschutz-Versuchstierverordnung (TierSchVersV)

Artikel 1 V. v. 01.08.2013 BGBl. I S. 3125, 3126 (Nr. 47); zuletzt geändert durch Artikel 1 V. v. 11.08.2021 BGBl. I S. 3570
Geltung ab 13.08.2013; FNA: 7833-3-20 Tierschutz
| |

Abschnitt 4 Übergangs- und Schlussbestimmungen

§ 45 Aufgaben nach Artikel 49 der Richtlinie 2010/63/EU



Das Bundesinstitut berät die zuständigen Behörden und die Tierschutzausschüsse nach § 6 in Angelegenheiten, die mit dem Erwerb, der Zucht, der Unterbringung oder der Pflege von Wirbeltieren und Kopffüßern nach § 1 Absatz 1 oder der Verwendung von Wirbeltieren und Kopffüßern in Tierversuchen zusammenhängen, und gewährleistet, dass diesbezüglich ein Austausch über bewährte Praktiken stattfindet. Darüber hinaus tauscht es mit in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union eingerichteten Ausschüssen nach Artikel 49 Absatz 1 der Richtlinie 2010/63/EU Informationen über

1.
die Arbeit der Tierschutzausschüsse nach § 6 und

2.
die Beurteilung von Versuchsvorhaben,

einschließlich diesbezüglicher bewährter Praktiken, aus.


§ 46 Beratung zu Alternativen zu Tierversuchen



Das Bundesinstitut berät die zuständigen Behörden in Angelegenheiten, die mit Alternativen zu Tierversuchen zusammenhängen.


§ 47 Unberührtheitsklausel



Die Vorschriften des Naturschutzrechts, des Jagdrechts, des Umweltrechts und des Fischereirechts bleiben unberührt.




§ 48 Übergangsvorschriften



(1) 1Die §§ 1 und 3 bis 6 gelten für Einrichtungen und Betriebe, in denen am 12. August 2013 Wirbeltiere oder Kopffüßer,

1.
die zur Verwendung in Tierversuchen bestimmt sind oder

2.
deren Gewebe oder Organe dazu bestimmt sind, zu wissenschaftlichen Zwecken verwendet zu werden,

gehalten werden, ab dem 1. Januar 2014. 2Satz 1 gilt auch für Einrichtungen und Betriebe, in denen die dort genannten Tiere gezüchtet oder zum Zwecke der Abgabe an Dritte gehalten werden. 3Für Einrichtungen und Betriebe nach Satz 1, in denen Tierversuche an Wirbeltieren durchgeführt werden, ist bis zum 31. Dezember 2013 § 8b des Tierschutzgesetzes in der bis zum 13. Juli 2013 geltenden Fassung weiter anzuwenden.

(2) Wer nach § 8b Absatz 2 des Tierschutzgesetzes in der am 12. Juli 2013 geltenden Fassung am 12. Juli 2013 befugt ist, als Tierschutzbeauftragter tätig zu sein, behält diese Befugnis, solange er die Tätigkeit weiter ausübt.

(3) Wer nach § 9 Absatz 1 des Tierschutzgesetzes in der am 12. Juli 2013 geltenden Fassung im Rahmen seiner am 12. Juli 2013 ausgeübten Tätigkeit befugt ist, Tierversuche durchzuführen, behält diese Befugnis, solange er die Tätigkeit weiter ausübt.

(4) Die §§ 14 bis 41 und § 44 gelten nicht für Tierversuche,

1.
deren Genehmigung vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung nach den Vorschriften des Tierschutzgesetzes in der bis zum 13. Juli 2013 geltenden Fassung unter Einhaltung der Anforderungen nach dessen § 8 Absatz 2 beantragt oder

2.
deren Durchführung vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung nach den Vorschriften des Tierschutzgesetzes in der bis zum 13. Juli 2013 geltenden Fassung angezeigt und von der zuständigen Behörde nicht beanstandet

worden ist.

(5) Für Tierversuche,

1.
deren Genehmigung vor dem 1. Dezember 2021 erteilt worden ist oder

2.
deren Durchführung vor dem 1. Dezember 2021 nach den Vorschriften des Tierschutzgesetzes in der bis Ablauf des 1. Dezember 2021 anzuwendenden Fassung und nach den Vorschriften dieser Verordnung in der bis zum 1. Dezember 2021 geltenden Fassung angezeigt und von der zuständigen Behörde nicht beanstandet worden ist,

sind abweichend von den §§ 31 bis 38 bis zum 1. Dezember 2023 die Vorschriften dieser Verordnung in der bis zum 1. Dezember 2021 geltenden Fassung weiter anzuwenden.

(6) Für Tierversuche, deren Durchführung vor dem 1. Dezember 2021 nach § 8a Absatz 1 des Tierschutzgesetzes in der bis zum 1. Dezember 2021 anzuwendenden Fassung und den Vorschriften dieser Verordnung in der bis zum 1. Dezember 2021 geltenden Fassung angezeigt und von der zuständigen Behörde nicht beanstandet worden ist, ist § 40 in der bis zum 1. Dezember 2021 geltenden Fassung weiter anzuwenden.




Anlage 1 (zu § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, § 3 Absatz 1 Satz 1 und § 16 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3) Kenntnisse und Fähigkeiten, die für die Pflege oder das Töten von Tieren oder die Planung oder die Durchführung von Tierversuchen erforderlich sind



Abschnitt 1 Pflege von Tieren


1.
Geltende Rechtsvorschriften zur Haltung und Pflege von Tieren, die dazu bestimmt sind, in Tierversuchen verwendet zu werden, oder deren Gewebe oder Organe dazu bestimmt sind, zu wissenschaftlichen Zwecken verwendet zu werden.

2.
Grundlagen der Biologie und angemessene artspezifische Biologie in Bezug auf Anatomie und physiologische Merkmale.

3.
Tierverhalten und Haltungsanforderungen und -methoden, einschließlich Anreicherung der Haltungseinrichtungen (allgemein und artspezifisch).

4.
Gesunderhaltung und Hygiene des Tierbestands.

5.
Erkennung artspezifischer Schmerzen und Leiden der am häufigsten für Tierversuche verwendeten Arten.

6.
Anforderung gemäß § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 des Tierschutzgesetzes.

7.
Verhaltensgerechter Umgang mit Tieren.

8.
Ethik in Bezug auf die Beziehung zwischen Mensch und Tier sowie intrinsischer Wert des Lebens.

9.
Anforderungen des Prinzips der Unerlässlichkeit nach § 7 Absatz 1 Satz 2 und 3 sowie § 7a Absatz 2 Nummer 2, 4 und 5 des Tierschutzgesetzes.

Abschnitt 2 Töten von Tieren


1.
Geltende Rechtsvorschriften zum Töten von Tieren zu wissenschaftlichen Zwecken oder von Tieren, die dazu bestimmt sind, in Tierversuchen verwendet zu werden.

2.
Ethik in Bezug auf die Beziehung zwischen Mensch und Tier, intrinsischer Wert des Lebens und Argumente für und gegen die Verwendung von Tieren zu wissenschaftlichen Zwecken.

3.
Grundlagen der Biologie und angemessene artspezifische Biologie in Bezug auf Anatomie und physiologische Merkmale.

4.
Grundkenntnisse des Verhaltens der Tiere.

5.
Grundkenntnisse der Physik und Chemie, soweit diese für die betreffenden Tötungsverfahren notwendig sind.

6.
Eignung und Kapazität der jeweiligen Tötungsverfahren.

7.
Betäubung, schmerzlindernde Methoden und Töten einschließlich der Verfahren, die für die Tiere die geringste Belastung bedeuten.

8.
Gegebenenfalls artspezifische Handhabungsmethoden.

9.
Ordnungsgemäße Durchführung der Tötung und gegebenenfalls vorhergehende Betäubung der Tiere unter Zufügung geringstmöglicher Schmerzen oder Leiden.

10.
Wartung der für die Tötung und gegebenenfalls vorhergehende Betäubung notwendigen Geräte oder Anlagen.

11.
Erkennen artspezifischer Schmerzen und Leiden der am häufigsten für Tierversuche verwendeten Arten.

12.
Anforderungen des Prinzips der Unerlässlichkeit nach § 7 Absatz 1 Satz 2 und 3 sowie § 7a Absatz 2 Nummer 2, 4 und 5 des Tierschutzgesetzes.

Abschnitt 3 Planung und Durchführung von Tierversuchen


1.
Geltende Rechtsvorschriften zur Durchführung von Tierversuchen.

2.
Ethik in Bezug auf die Beziehung zwischen Mensch und Tier, intrinsischer Wert des Lebens und Argumente für und gegen die Verwendung von Tieren zu wissenschaftlichen Zwecken.

3.
Grundlagen der Biologie und angemessene artspezifische Biologie in Bezug auf Anatomie, physiologische Merkmale, Zucht, Genetik und genetische Veränderung.

4.
Tierverhalten und Haltungsanforderungen und -methoden, einschließlich Anreicherung der Haltungseinrichtungen (allgemein und artspezifisch).

5.
Gesunderhaltung und Hygiene des Tierbestands.

6.
Artspezifische Handhabungs- und Versuchsmethoden.

7.
Erkennung artspezifischer Schmerzen und Leiden der am häufigsten für Tierversuche verwendeten Arten.

8.
Anwendung möglichst schmerzloser Endpunkte.

9.
Anforderungen des Prinzips der Unerlässlichkeit von Tierversuchen gemäß § 7 Absatz 1 Satz 2 und 3 sowie § 7a Absatz 2 Nummer 2, 4 und 5 des Tierschutzgesetzes.

10.
Gegebenenfalls Planung von Verfahren und Projekten.

11.
Relevante Versuchstechniken und operative Eingriffe.

12.
Recherche und Auswertung wissenschaftlicher Literatur einschließlich solcher zu Alternativen zum Tierversuch.

13.
Betäubung und schmerzlindernde Methoden.

14.
Soweit im Rahmen der Durchführung auch die Tötung der Tiere vorgesehen ist, die Kenntnisse und Fähigkeiten nach Abschnitt 2.

15.
Biometrische Statistik.




Anlage 2 (zu § 2 Absatz 2) Tötungsverfahren


Anlage 2 wird in 1 Vorschrift zitiert

1.
Zur Tötung von Tieren einer der in Zeile 1 der Tabelle genannten Tierkategorien dürfen nur diejenigen Verfahren angewendet werden, die in Spalte 1 Zeile 2 bis 9 gelistet sind und die in der die jeweilige Tierkategorie betreffenden Spalte mit einem Kreuz (+) bezeichnet sind, unter Beachtung der in den Anmerkungen enthaltenen Maßgaben. Hierbei ist immer die am wenigsten belastende Methode zu wählen, soweit dieses mit dem Versuchszweck vereinbar ist.

 FischeAmphi-
bien
ReptilienVögelNagetiereKanin-
chen
Hunde,
Katzen,
Frettchen
und
Füchse
Große
Säuge-
tiere
Primaten
Überdosis
eines Betäu-
bungsmittels
+1+1+1+1+1+1+1+1+1
Bolzenschuss  +2  + + 
Kohlendioxid-
exposition
   ++3    
Zervikale
Dislokation
   +4+5+6   
Gehirner-
schütterung/
stumpfer
Schlag auf
den Kopf
++++7+8+9+10  
Dekapitation   +11+12    
Elektrische
Betäubung
+13+13 +13 +13+13+13 
Inhalation von
Inertgasen
(Argon,
Stickstoff)
   ++  +14 
Pistolen- oder
Gewehr-
schuss mit
angemesse-
nen Waffen
und ange-
messener
Munition
  +15   +16+15 


 
Anmerkungen:

1
Das Verfahren muss in Verbindung mit einem vorherigen Sedieren der Tiere eingesetzt werden, es sei denn, dies ist unangemessen.
2
Das Verfahren darf nur bei großen Reptilien angewendet werden.
3
Das Verfahren darf nur unter schrittweiser Befüllung des Behältnisses angewendet werden. Das Verfahren darf nicht bei Föten und Neugeborenen angewendet werden.
4
Das Verfahren darf nur bei Vögeln mit einem Gewicht von unter 1 kg angewendet werden. Vögel mit einem Gewicht von über 250 g müssen zuvor sediert werden.
5
Das Verfahren darf nur bei Nagetieren mit einem Gewicht von unter 1 kg angewendet werden. Nagetiere mit einem Gewicht von über 150 g müssen zuvor sediert werden.
6
Das Verfahren darf nur bei Kaninchen mit einem Gewicht von unter 1 kg angewendet werden. Kaninchen mit einem Gewicht von über 150 g müssen zuvor sediert werden.
7
Das Verfahren darf nur bei Vögeln mit einem Gewicht von unter 5 kg angewendet werden.
8
Das Verfahren darf nur bei Nagetieren mit einem Gewicht von unter 1 kg angewendet werden.
9
Das Verfahren darf nur bei Kaninchen mit einem Gewicht von unter 5 kg angewendet werden.
10
Das Verfahren darf nur bei Neugeborenen angewendet werden.
11
Das Verfahren darf nur bei Vögeln mit einem Gewicht von unter 250 g angewendet werden.
12
Das Verfahren darf nur angewendet werden, wenn die Anwendung anderer Verfahren nicht möglich ist.
13
Für die Anwendung des Verfahrens sind dafür geeignete Anlagen und Geräte erforderlich.
14
Das Verfahren darf nur bei Schweinen angewendet werden.
15
Das Verfahren darf nur in den Fällen des § 2 Absatz 1 Satz 3 und nur von einem erfahrenen Schützen angewendet werden.
16
Das Verfahren darf nur in den Fällen des § 2 Absatz 1 Satz 3 und nur von einem erfahrenen Schützen angewendet werden. Darüber hinaus darf es nur dann angewendet werden, wenn die Anwendung anderer Verfahren nicht möglich ist.

2.
Die Tötung der Tiere unter Anwendung der unter Nummer 1 genannten Verfahren ist durch eines der folgenden Verfahren abzuschließen:

a)
Bestätigen des endgültigen Kreislaufstillstands,

b)
Zerstören des Gehirns,

c)
Durchtrennen des Rückenmarks im Genick,

d)
Entbluten oder

e)
Bestätigen des Eintritts der Totenstarre.