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Verordnung zur Sicherstellung von Telekommunikationsdienstleistungen sowie zur Einräumung von Vorrechten bei deren Inanspruchnahme (Telekommunikations-Sicherstellungs-Verordnung - TKSiV)


Eingangsformel



Auf Grund des § 3 Abs. 1 bis 3 des Post- und Telekommunikationssicherstellungsgesetzes vom 14. September 1994 (BGBl. I S. 2325, 2378) das durch Artikel 5 des Gesetzes vom 25. März 1997 (BGBl. I S. 726, 731) geändert worden ist, verordnet das Bundesministerium für Post und Telekommunikation:


Abschnitt 1 Allgemeines

§ 1 Zweck der Verordnung



Diese Verordnung soll die Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen sicherstellen und die Vergabe von Vorrechten bei deren Inanspruchnahme regeln mit dem Ziel der Aufrechterhaltung der Staats- und Regierungsgewalt, der Versorgung von Bevölkerung, Wirtschaft und Verwaltung sowie der Unterstützung der Streitkräfte

1.
bei erheblichen Störungen der Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen, insbesondere bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall,

2.
im Rahmen internationaler Vereinbarungen zur Notfallbewältigung,

3.
im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen,

4.
im Rahmen von Bündnisverpflichtungen,

5.
im Spannungs- und im Verteidigungsfall.


Abschnitt 2 Sicherstellung von Telekommunikationsdienstleistungen

§ 2 Mindestangebot



Die Deutsche Telekom AG und Unternehmen, die auf Grund einer Verleihung nach § 2 des Gesetzes über Fernmeldeanlagen oder einer Lizenz nach § 6 des Telekommunikationsgesetzes eine Telekommunikationsanlage betreiben, um Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit anzubieten, haben in den in § 1 Nr. 1 bis 5 aufgeführten Fällen mindestens folgende Telekommunikationsdienstleistungen sicherzustellen:

1.
Wählverbindungen im Telefondienst einschließlich Funktelefondienst,

2.
Wählverbindungen im Diensteintegrierenden Digitalen Telekommunikationsnetz (ISDN),

3.
Einrichtung von Telefonanschlüssen einschließlich Funktelefonanschlüssen,

4.
Einrichtung von Basisanschlüssen im ISDN,

5.
Einrichtung von Festverbindungen (analog, 64kbit/s, 2Mbit/s),

6.
Einrichtung von Übertragungswegen zur Übermittlung von Ton- und Fernsehsignalen und

7.
Entstörung der unter den Nummern 3 bis 6 genannten Telekommunikationsdienstleistungen.

Die Leistungen nach Satz 1 müssen nur dann erbracht werden, wenn sie vor Erlaß einer Anwendungsverordnung nach § 3 Abs. 4 des Post- und Telekommunikationssicherstellungsgesetzes angeboten wurden.


Abschnitt 3 Einräumung von Vorrechten

Unterabschnitt 1 Vorrechte und bevorrechtigte Aufgabenträger

§ 3 Vorrechte



(1) Jedes Unternehmen, das in § 2 genannten Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit anbietet, ist verpflichtet, in den Fällen des § 1 bevorrechtigten Aufgabenträgern bei der Inanspruchnahme dieser Telekommunikationsdienstleistungen Vorrechte einzuräumen, wenn deren Versorgung gefährdet oder anders nicht zu sichern ist.

(2) Auf Verlangen müssen die in Absatz 1 genannten Unternehmen für bevorrechtigte Aufgabenträger Anschlüsse an das Telekommunikationsnetz, Wählverbindungen oder Entstörungen von Anschlüssen bevorrechtigt vor allen anderen Anschluß-, Verbindungs- oder Entstörungswünschen herstellen oder durchführen. Die Dauer von anderen Wählverbindungen kann generell begrenzt werden.

(3) Internationale Wählverbindungen, die an deutschen Netzübergängen ankommen und denen von dem jeweiligen Land auf Grund von Vereinbarungen im Rahmen von Bündnisverpflichtungen mit der Bundesrepublik Deutschland Vorrechte eingeräumt wurden, sind von den in Absatz 1 genannten Unternehmen wie innerdeutsche bevorrechtigte Wählverbindungen zu behandeln, sofern von den internationalen Standardisierungsgremien Schnittstellenbedingungen vorgegeben sind.

(4) Die technischen und betrieblichen Maßnahmen zur Einräumung von Vorrechten sind so auszugestalten und zu bemessen, daß die Einräumung von der jeweiligen Lage angemessenen Vorrechten jederzeit ermöglicht wird.

(5) Wählanschlüsse in Festnetzen in einem betroffenen Gebiet müssen auch dann erreichbar sein, wenn dort in einer konkreten Gefahrenlage Vorrechte in Anspruch genommen werden, soweit freie Leitungen und technische Einrichtungen zur Verfügung stehen. Sofern Überlastungen der technischen Einrichtungen durch Wählverbindungen verursacht werden, die von außerhalb in dieses Gebiet gerichtet sind, können die Zugangsmöglichkeiten für solche Benutzer, die nicht bevorrechtigt sind, bereits im Ursprungsgebiet eingeschränkt werden.


§ 4 Bevorrechtigte Aufgabenträger



(1) Den nachfolgend aufgeführten Stellen sowie den Stellen, die von den unter den Nummern 1 und 2 aufgeführten Behörden benannt werden, sind auf Antrag Vorrechte bei der Inanspruchnahme der in § 2 genannten Telekommunikationsdienstleistungen in den in § 1 aufgeführten Fällen für den deutschen oder auch für den internationalen Telekommunikationsverkehr einzuräumen, soweit sie lebens- oder verteidigungswichtige Aufgaben zu erfüllen haben:

1.
Bundesbehörden,

2.
Landes-, Kreis- und Kommunalbehörden,

3.
Katastrophenschutz- und Zivilschutzorganisationen,

4.
Aufgabenträgern im Gesundheitswesen,

5.
Hilfs- und Rettungsdiensten,

6.
Dienststellen der Bundeswehr und der Stationierten Streitkräfte,

7.
Aufgabenträgern in Presse und Rundfunk,

8.
Anbietern von öffentlichen Telefonstellen,

9.
Betreibern von Telekommunikationsanlagen, soweit dies für die Erfüllung der Verpflichtung nach den §§ 2 und 3 erforderlich ist, und

10.
Anbietern von Telekommunikationsdienstleistungen, soweit dies für die Erfüllung der Verpflichtung nach den §§ 2 und 3 erforderlich ist.

(2) Ungeachtet der Vorrechte bestimmter Aufgabenträger müssen Notrufnummern von öffentlichen Telefonstellen aus uneingeschränkt zugänglich sein.


Unterabschnitt 2 Verfahren zur Vorbereitung der Bevorrechtigungen

§ 5 Zuständigkeiten



(1) Die Behörden von Bund und Ländern können zusätzlich zu den in § 4 genannten Stellen die Aufgabenträger benennen, denen auf Grund besonderer Aufgabenzuweisungen oder spezieller Vorsorgeplanungen Vorrechte einzuräumen sind.

(2) Das Bundesministerium der Verteidigung vertritt auch die Interessen der Stationierten Streitkräfte und der Nordatlantikvertragsorganisationen (NATO).

(3) Die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Regulierungsbehörde) ist zuständig für die Registrierung, Koordinierung und Überprüfung der Bevorrechtigungen.


§ 6 Verfahren



(1) Der Bevorrechtigte beauftragt mit Formblatt nach Anlage 1 das Telekommunikationsunternehmen mit der Ausführung der Vorbereitungsmaßnahmen zur Einräumung von Vorrechten.

(2) Der Auftrag wird über die Regulierungsbehörde an das Telekommunikationsunternehmen gesandt. Die Regulierungsbehörde entscheidet über die Erteilung der Registrierungsnummer, die jeweils für ein Telekommunikationsunternehmen gilt, und leitet den Auftrag an das entsprechende Telekommunikationsunternehmen weiter. Die Regulierungsbehörde teilt dem Bevorrechtigten die Registrierungsnummer mit. Er kann danach unter dieser Registrierungsnummer auch unmittelbar bei dem entsprechenden Telekommunikationsunternehmen Aufträge erteilen.

(3) Bevorrechtigte, die von einer Behörde des Bundes oder einer Behörde der Länder gemäß § 5 Abs. 1 benannt wurden, fügen ihrem Auftrag eine Bescheinigung nach Anlage 2 (Bevorrechtigungsbescheinigung) bei.

(4) Das Telekommunikationsunternehmen setzt die Aufträge zur Ausführung der Vorbereitungsmaßnahmen zur Einräumung von Vorrechten um. Es teilt der Regulierungsbehörde unverzüglich unter Angabe der Registrierungsnummer die Erledigung des Auftrags mit.

(5) Nach Aufforderung durch die Regulierungsbehörde legt das Telekommunikationsunternehmen die höchstmögliche Anzahl der Bevorrechtigungen für die jeweilige Telekommunikationsdienstleistung fest und teilt diese der Regulierungsbehörde mit einer entsprechenden Begründung mit; dabei sind die für die technische Gestaltung der Telekommunikationsanlage erforderlichen Bedingungen in den örtlichen Bereichen zu berücksichtigen.

(6) Bei Überschreitung der höchstmöglichen Anzahl der Aufträge auf Bevorrechtigungen legt die Regulierungsbehörde im Benehmen mit den zuständigen Behörden des Bundes und der Länder den Kreis der Bevorrechtigten oder die bevorrechtigte Telekommunikationsdienstleistung nach der Dringlichkeit und der Bedeutung der Aufgabenträger fest. Dabei kann sie auch bereits erteilte Registrierungsnummern entziehen.

(7) Die Regulierungsbehörde überprüft spätestens alle fünf Jahre, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Bevorrechtigung noch gegeben sind. Bei Wegfall der Voraussetzungen wird die Registrierungsnummer entzogen. Das Telekommunikationsunternehmen wird darüber informiert. Es hebt die Vorbereitungsmaßnahmen auf.


§ 7 Auskunftspflicht



Die nach § 3 verpflichteten Telekommunikationsunternehmen haben der Regulierungsbehörde die nach dieser Verordnung für die Aufgabenerfüllung notwendigen Auskünfte zu erteilen.


Unterabschnitt 3 Umsetzung bei Gefahr im Verzug

§ 8 Umsetzung bei Gefahr im Verzug



Ein nach § 3 Abs. 1 verpflichtetes Unternehmen kann bei Gefahr im Verzug, wenn die Telekommunikationseinrichtungen durch besondere Beanspruchung in den Fällen des § 1 Nr. 1 überlastet sind und die der Situation angemessene Versorgung der Bevorrechtigten gefährdet ist, die vorbereiteten Maßnahmen zur Einräumung von Vorrechten umsetzen. Zu diesem Zweck hat jedes Unternehmen, bei dem Bevorrechtigungen nach § 6 Abs. 5 in Auftrag gegeben werden, Beauftragte zu bestimmen und der Regulierungsbehörde zu benennen. Ein Beauftragter des Unternehmens hat sogleich nach der Umsetzung der vorbereiteten Maßnahmen das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und in geeigneter Weise die Öffentlichkeit zu informieren. Einer Anwendungsverordnung nach § 3 Abs. 4 des Post- und Telekommunikationssicherstellungsgesetzes bedarf es hierzu nicht.




Abschnitt 4 Sonstiges

§ 9 Ordnungswidrigkeiten



Ordnungswidrig im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a des Post- und Telekommunikationssicherstellungsgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
entgegen § 2 Satz 1 eine dort genannten Leistung nicht, nicht richtig oder nicht vollständig sicherstellt oder

2.
entgegen § 3 Abs. 2 Satz 1, auch in Verbindung mit Abs. 3, einen Anschluß, eine Wählverbindung oder eine Entstörung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig herstellt oder durchführt.


§ 10 Inkrafttreten, Außerkrafttreten



Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung tritt die Richtlinie für die Aufrechterhaltung des im öffentlichen Interesses liegenden Telefonverkehrs bei Katastrophen, in Krisen, im Alarmfall und im Verteidigungsfall - Richtlinie F 215 - des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation außer Kraft. Die nach dieser Richtlinie festgelegten Bevorrechtigungen bleiben bis zum 31. Dezember 2000 in Kraft.


Schlußformel



Der Bundesrat hat zugestimmt.


Anlage 1 (zu § 6 Abs. 1)



(siehe BGBl. I 1997 S. 2754)


Anlage 2 (zu § 6 Abs. 3) Bevorrechtigungsbescheinigung gemäß § 6 Abs. 3 Telekommunikations-Sicherstellungs-Verordnung (TKSiV)



(siehe BGBl. I 1997 S. 2755)