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Abschnitt 4 - Kulturgutschutzgesetz (KGSG)


Kapitel 3 Kulturgutverkehr

Abschnitt 4 Unrechtmäßiger Kulturgutverkehr

§ 31 Unrechtmäßige Ausfuhr von Kulturgut



(1) Die Ausfuhr von Kulturgut ist unrechtmäßig, wenn sie unter Verstoß gegen die §§ 21 bis 27 erfolgt oder unter Verstoß gegen Verordnungen der Europäischen Union, die die grenzüberschreitende Verbringung von Kulturgut ausdrücklich einschränken oder verbieten.

(2) Einer unrechtmäßigen Ausfuhr stehen auch jede nicht erfolgte Rückkehr nach Ablauf der Frist für eine vorübergehende rechtmäßige Ausfuhr und jeder Verstoß gegen eine Nebenbestimmung zur Genehmigung der vorübergehenden Ausfuhr gleich.


§ 32 Unrechtmäßige Einfuhr von Kulturgut



(1) Die Einfuhr von Kulturgut ist unrechtmäßig,

1.
wenn das Kulturgut bei der Ausfuhr aus einem anderen Staat entgegen den in diesem Staat geltenden Rechtsvorschriften zum Schutz nationalen Kulturgutes verbracht worden ist

a)
nach dem 31. Dezember 1992 aus dem Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates oder

b)
nach dem 26. April 2007 aus dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates,

2.
wenn die Einfuhr gegen § 28 verstößt oder

3.
wenn die Einfuhr gegen sonstige in der Bundesrepublik Deutschland geltende Rechtsvorschriften verstößt.

(2) Kann die Herkunft von Kulturgut in mehreren heutigen Staaten liegen und lässt sich keine eindeutige Zuordnung vornehmen, so ist das Kulturgut unrechtmäßig eingeführt, wenn das Kulturgut nach dem Recht jedes in Frage kommenden Staates nicht ohne Ausfuhrgenehmigung hätte ausgeführt werden dürfen und eine solche Ausfuhrgenehmigung nicht vorliegt.


§ 33 Sicherstellung von Kulturgut



(1) Die zuständige Behörde hat Kulturgut sicherzustellen,

1.
wenn der hinreichende Verdacht besteht, dass es

a)
entgegen einem Verbot nach § 21 ausgeführt werden soll oder

b)
entgegen einem Verbot nach § 28 eingeführt worden ist, oder

2.
wenn bei der Einfuhr die nach § 30 erforderlichen Unterlagen nicht vorgelegt werden.

(2) 1Nach Sicherstellung des Kulturgutes ist dem bisherigen Gewahrsamsinhaber eine Bescheinigung auszuhändigen, die das sichergestellte Kulturgut und den Grund der Sicherstellung nennt. 2Kann eine Bescheinigung nicht ausgehändigt werden, so ist über die Sicherstellung eine Niederschrift aufzunehmen, die auch erkennen lässt, warum eine Bescheinigung nicht ausgestellt worden ist.

(3) 1Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Sicherstellung des Kulturgutes haben keine aufschiebende Wirkung. 2Die Sicherstellung hat die Wirkung eines Veräußerungsverbots im Sinne des § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuches; das Verbot umfasst auch andere Verfügungen als Veräußerungen.

(4) Die Sicherstellung des Kulturgutes ist durch die zuständige Behörde unverzüglich der für Kultur und Medien zuständigen obersten Bundesbehörde zur Erfüllung der Aufgaben nach § 62 mitzuteilen.

(5) Es ist verboten, sichergestelltes Kulturgut zu zerstören, zu beschädigen oder dessen Erscheinungsbild nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend zu verändern.


§ 34 Verwahrung sichergestellten Kulturgutes



(1) 1Sichergestelltes Kulturgut ist von der zuständigen Behörde in Verwahrung zu nehmen. 2Sie kann das Kulturgut, sofern der Zweck der Sicherstellung dadurch nicht gefährdet ist, durch die Person, der der Gewahrsam entzogen worden ist, oder durch einen Dritten verwahren lassen. 3In diesem Fall darf das Kulturgut nur mit schriftlicher oder elektronisch übermittelter Zustimmung der zuständigen Behörde an andere Personen oder Einrichtungen weitergegeben werden.

(2) Zu Beginn und nach Ende der Verwahrung soll der Erhaltungszustand des sichergestellten Kulturgutes von der zuständigen Behörde oder einem von ihr beauftragten Dritten festgehalten werden.

(3) Die zur Erhaltung des Kulturgutes erforderlichen Maßnahmen werden von der zuständigen Behörde getroffen oder veranlasst.


§ 35 Aufhebung der Sicherstellung



(1) Die Sicherstellung des Kulturgutes ist von der zuständigen Behörde aufzuheben, wenn

1.
der hinreichende Verdacht nach § 33 Absatz 1 Nummer 1 entfallen ist,

2.
die Voraussetzungen des § 33 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a entfallen sind,

3.
im Falle des § 33 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b

a)
die Voraussetzungen des Rückgabeanspruchs nach Kapitel 5 dieses Gesetzes offensichtlich nicht vorliegen oder

b)
die Verjährung des Rückgabeanspruchs nach Kapitel 5 dieses Gesetzes eingetreten ist,

4.
im Falle des § 33 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b die Sicherstellung im Hinblick auf einen Anspruch aus § 50 oder § 52 erfolgt ist und

a)
nicht innerhalb von sechs Kalendermonaten nach Unterrichtung nach § 62 Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 Nummer 1 um eine Rückgabe nach § 50 oder § 52 ersucht worden ist,

b)
eine gütliche Einigung zwischen dem ersuchenden Mitgliedstaat oder Vertragsstaat und dem Rückgabeschuldner erzielt worden ist oder

c)
die Entscheidung über die Klage auf Rückgabe rechtskräftig geworden ist,

5.
im Falle des § 33 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b die Sicherstellung im Hinblick auf einen Anspruch aus § 51 erfolgt ist und eine Rückgabe erfolgen soll,

6.
im Falle des § 33 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b die Sicherstellung im Hinblick auf einen Anspruch aus § 53 Absatz 1 erfolgt ist und eine Rückgabe erfolgen soll oder,

7.
sobald sich im Falle des § 33 Absatz 1 Nummer 2 kein hinreichender Verdacht ergibt, dass das Kulturgut unrechtmäßig eingeführt worden ist.

(2) Hat ein Mitgliedstaat oder Vertragsstaat ein Rückgabeersuchen nach § 59 bereits gestellt oder ist geklärt, welcher Mitgliedstaat oder Vertragsstaat ein solches Ersuchen stellen könnte, so kann die Sicherstellung nur mit Zustimmung dieses Mitgliedstaates oder Vertragsstaates aufgehoben werden, es sei denn, der Anlass der Sicherstellung ist zwischenzeitlich entfallen.


§ 36 Herausgabe sichergestellten Kulturgutes



(1) Ist die Sicherstellung aufgehoben worden, so ist das Kulturgut herauszugeben

1.
in den Fällen des § 35 Absatz 1 Nummer 1 bis 3, 4 Buchstabe a und Nummer 7 an den Eigenbesitzer,

2.
in den Fällen des § 35 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b und c an den Berechtigten,

3.
in den Fällen des § 35 Absatz 1 Nummer 5 an den betreffenden Mitgliedstaat oder Vertragsstaat oder

4.
in den Fällen des § 35 Absatz 1 Nummer 6 an die jeweils zuständige Behörde des Herkunftsgebiets.

(2) 1In den Fällen der Herausgabe an den Eigenbesitzer ist diesem eine Mitteilung über eine Frist zur Abholung zuzustellen. 2Die Frist ist ausreichend zu bemessen. 3Die Mitteilung hat den Hinweis zu enthalten, dass das Kulturgut eingezogen wird, wenn es nicht innerhalb der Frist abgeholt wird.


§ 37 Einziehung sichergestellten Kulturgutes



(1) 1Sichergestelltes Kulturgut soll von der zuständigen Behörde eingezogen werden, wenn es in den Fällen des § 36 Absatz 1 Nummer 1 nicht an den Eigenbesitzer herausgegeben werden kann, weil

1.
der Eigenbesitzer nicht bekannt ist und nicht mit einem vertretbaren Aufwand zu ermitteln ist oder

2.
der Eigenbesitzer das Kulturgut nicht innerhalb der Frist nach § 36 Absatz 2 Satz 2 abholt.

2Die Anordnung der Einziehung ist nach Landesrecht öffentlich bekannt zu machen und im Internetportal nach § 4 zu veröffentlichen. 3Sie ist unverzüglich der für Kultur und Medien zuständigen obersten Bundesbehörde zur Erfüllung der Aufgaben nach § 62 mitzuteilen.

(2) Die zuständige Behörde kann das eingezogene Kulturgut einer Kulturgut bewahrenden Einrichtung in Verwahrung geben.


§ 38 Folgen der Einziehung; Entschädigung



(1) 1Wird sichergestelltes Kulturgut eingezogen, so gehen der Besitz an dem Kulturgut mit der Anordnung der Einziehung und das Eigentum an dem Kulturgut mit der Bestandskraft der Anordnung auf das Land über. 2Rechte Dritter erlöschen mit der Bestandskraft der Anordnung.

(2) Der Eigentümer, dessen Recht an dem Kulturgut durch die Entscheidung erloschen ist, wird von dem Land, in dessen Eigentum das Kulturgut übergegangen ist, unter Berücksichtigung des Verkehrswertes angemessen in Geld entschädigt, es sei denn, es wird rückübereignet, Zug um Zug gegen den Ersatz einer möglichen Entschädigung an den Dritten nach Absatz 3.

(3) War das Kulturgut mit dem Recht eines Dritten belastet, das durch die Einziehung erloschen ist, so wird auch der Dritte von dem Land, in dessen Eigentum das Kulturgut übergegangen ist, unter Berücksichtigung des Verkehrswertes angemessen in Geld entschädigt.

(4) 1In den Fällen des Absatzes 2 wird eine Entschädigung nicht gewährt, wenn

1.
der Eigentümer mindestens leichtfertig dazu beigetragen hat, dass die Voraussetzungen der Sicherstellung und die Voraussetzungen der Einziehung des Kulturgutes vorlagen,

2.
der Eigentümer das Kulturgut in Kenntnis der Umstände, die die Sicherstellung zugelassen haben, erworben hat oder

3.
es nach den Umständen, welche die Sicherstellung und Einziehung begründet haben, aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften zulässig wäre, das Kulturgut dem Eigentümer ohne Entschädigung dauernd zu entziehen.

2Satz 1 ist nicht anzuwenden, soweit die Nichtgewährung der Entschädigung eine unbillige Härte wäre.

(5) 1In den Fällen des Absatzes 3 wird eine Entschädigung nicht gewährt, wenn

1.
der Dritte wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, dass die Voraussetzungen der Sicherstellung des Kulturgutes vorlagen,

2.
der Dritte das Recht an dem Kulturgut in Kenntnis der Umstände, die die Einziehung zugelassen haben, erworben hat oder

3.
es nach den Umständen, die die Sicherstellung und Einziehung begründet haben, aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften zulässig wäre, das Recht an dem Kulturgut dem Dritten ohne Entschädigung dauernd zu entziehen.

2Satz 1 ist nicht anzuwenden, soweit die Nichtgewährung der Entschädigung eine unbillige Härte wäre.

(6) Der Anspruch auf Entschädigung nach den Absätzen 2 oder 3 erlischt 30 Jahre nach der Bekanntmachung der Anordnung der Einziehung.


§ 39 Kosten für Sicherstellung, Verwahrung, Erhaltung und Herausgabe



1Die notwendigen Kosten und Auslagen für die Sicherstellung, Verwahrung, Erhaltung und Herausgabe des Kulturgutes trägt die Person, der der Gewahrsam entzogen worden ist. 2Die §§ 66 bis 68 bleiben unberührt. 3Die zuständige Behörde setzt den zu erstattenden Betrag durch Bescheid fest.