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Vierzehntes Gesetz zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (14. BImSchGÄndG k.a.Abk.)


Eingangsformel



Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:


Artikel 1 Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes



Das Bundes-Immissionsschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Mai 2013 (BGBl. I S. 1274; 2021 I S. 123), das zuletzt durch Artikel 12 Absatz 3 des Gesetzes vom 8. Oktober 2022 (BGBl. I S. 1726) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1.
Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:

a)
Die Angabe zum Zweiten Teil Vierter Abschnitt wird wie folgt gefasst:

„Vierter Abschnitt Sonderregelungen zur Bewältigung einer Gasmangellage".

b)
In der Inhaltsübersicht wird nach der Angabe zu § 31d folgende Angabe eingefügt:

§ 31e Zulassung vorzeitigen Beginns bei einer Gasmangellage

§ 31f Beteiligung der Öffentlichkeit in Genehmigungsverfahren

§ 31g Entbehrlichkeit einer Änderungsanzeige oder Änderungsgenehmigung

§ 31h Abweichungen von der Vierten Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz

§ 31i Abweichungen von der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft

§ 31j Überschreitung von Immissionsrichtwerten der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm

§ 31k Übergangsregelungen zu den §§ 31e bis 31j".

2.
Die Überschrift des Zweiten Teils Vierter Abschnitt wird wie folgt gefasst:

„Vierter Abschnitt Sonderregelungen zur Bewältigung einer Gasmangellage".

3.
Nach § 31d werden die folgenden §§ 31e bis 31k eingefügt:

§ 31e Zulassung vorzeitigen Beginns bei einer Gasmangellage

(1) § 8a ist nach Maßgabe der Absätze 2 bis 5 anzuwenden, wenn eine Genehmigung beantragt wird

1.
im Zusammenhang mit einem Brennstoffwechsel wegen einer ernsten oder erheblichen Gasmangellage,

2.
weil wegen einer ernsten oder erheblichen Gasmangellage notwendige Betriebsmittel für Abgaseinrichtungen nicht ausreichend zur Verfügung stehen oder

3.
wegen einer anderen durch die ernste oder erhebliche Gasmangellage ausgelösten Notwendigkeit.

(2) § 8a Absatz 1 Nummer 1 findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die Genehmigungsbehörde den vorzeitigen Beginn bereits vor dem Vorliegen vollständiger Antragsunterlagen zulassen kann, wenn

1.
die Erstellung der fehlenden Unterlagen im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit des Vorhabens bislang nicht möglich war und

2.
auch ohne Berücksichtigung der fehlenden Unterlagen mit einer Entscheidung zugunsten des Antragstellers gerechnet werden kann.

In diesem Fall hat der Antragsteller das Vorhaben, die voraussichtlichen Auswirkungen des Vorhabens und den Grund für die nicht rechtzeitige Erstellung der vollständigen Unterlagen darzulegen. Der Antragsteller hat die fehlenden Unterlagen unverzüglich nachzureichen.

(3) § 8a Absatz 1 Nummer 1 findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die Genehmigungsbehörde den vorzeitigen Beginn bereits vor der Beteiligung der Öffentlichkeit zulassen soll.

(4) In den in Absatz 1 genannten Fällen besteht ein öffentliches Interesse oder ein berechtigtes Interesse des Antragstellers an dem vorzeitigen Beginn im Sinne des § 8a Absatz 1 Nummer 2.

(5) In einem Verfahren zur Erteilung einer Genehmigung kann die Genehmigungsbehörde unter den in § 8a Absatz 1 genannten Voraussetzungen auch den Betrieb der Anlage vorläufig zulassen. Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend. Satz 1 ist nicht anzuwenden, soweit die Richtlinie 2010/75/EU oder die Richtlinie 2012/18/EU entgegenstehen.

§ 31f Beteiligung der Öffentlichkeit in Genehmigungsverfahren

(1) § 10 ist nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4 anzuwenden, wenn ein Genehmigungsverfahren nach § 10, auch in Verbindung mit § 16 oder § 16a, durchzuführen ist

1.
im Zusammenhang mit einem Brennstoffwechsel wegen einer ernsten oder erheblichen Gasmangellage,

2.
weil wegen einer ernsten oder erheblichen Gasmangellage notwendige Betriebsmittel für Abgaseinrichtungen nicht ausreichend zur Verfügung stehen oder

3.
wegen einer anderen durch die ernste oder erhebliche Gasmangellage ausgelösten Notwendigkeit.

§ 16 Absatz 2 Satz 1 und 2 sowie § 19 Absatz 4 Satz 2 bis 4 bleiben unberührt.

(2) Abweichend von § 10 Absatz 3 Satz 2 sind der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach § 10 Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, nach der Bekanntmachung eine Woche zur Einsicht auszulegen.

(3) Abweichend von § 10 Absatz 3 Satz 4 kann die Öffentlichkeit bis eine Woche nach Ablauf der Auslegungsfrist gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; diese Frist gilt auch bei Anlagen nach der Richtlinie 2010/75/EU.

(4) Die Genehmigungsbehörde soll auf die Durchführung eines Erörterungstermins nach § 10 Absatz 6 verzichten.

§ 31g Entbehrlichkeit einer Änderungsanzeige oder Änderungsgenehmigung

(1) Es bedarf weder einer Anzeige nach § 15 noch einer Änderungsgenehmigung nach § 16, wenn der Betreiber einer Anlage bei der zuständigen Behörde die Zulassung einer Ausnahme nach einer der in Absatz 2 genannten Vorschriften beantragt

1.
im Zusammenhang mit einem Brennstoffwechsel wegen einer ernsten oder erheblichen Gasmangellage,

2.
weil wegen einer ernsten oder erheblichen Gasmangellage notwendige Betriebsmittel für Abgaseinrichtungen nicht ausreichend zur Verfügung stehen oder

3.
wegen einer anderen durch die ernste oder erhebliche Gasmangellage ausgelösten Notwendigkeit.

Ausnahmen nach den in Absatz 2 genannten Vorschriften sollen erteilt werden, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen.

(2) Ausnahmevorschriften im Sinne des Absatzes 1 sind

1.
die §§ 31a bis 31d,

2.
§ 23 der Verordnung über Großfeuerungs-, Gasturbinen- und Verbrennungsmotoranlagen in der jeweils geltenden Fassung,

3.
§ 6 Absatz 6 und § 24 der Verordnung über die Verbrennung und die Mitverbrennung von Abfällen vom 2. Mai 2013 (BGBl. I S. 1021, 1044, 3754), die durch Artikel 2 der Verordnung vom 6. Juli 2021 (BGBl. I S. 2514) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung,

4.
§ 16 der Verordnung über Anlagen zur biologischen Behandlung von Abfällen vom 20. Februar 2001 (BGBl. I S. 305, 317), die zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 13. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2739) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung,

5.
§ 11 der Verordnung zur Begrenzung der Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen bei der Verwendung organischer Lösemittel in bestimmten Anlagen vom 21. August 2001 (BGBl. I S. 2180), die zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 27. Juli 2021 (BGBl. I S. 3146) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und

6.
§ 32 der Verordnung über mittelgroße Feuerungs-, Gasturbinen- und Verbrennungsmotoranlagen in der jeweils geltenden Fassung.

§ 31h Abweichungen von der Vierten Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz

Anlagen nach Nummer 9.1.1 des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Mai 2017 (BGBl. I S. 1440), die durch Artikel 1 der Verordnung vom 12. Januar 2021 (BGBl. I S. 69) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, die nicht länger als zwei Jahre betrieben werden und ein Fassungsvermögen von nicht mehr als 200 Tonnen haben, sind

1.
im Zusammenhang mit einem Brennstoffwechsel wegen einer ernsten oder erheblichen Gasmangellage,

2.
weil wegen einer ernsten oder erheblichen Gasmangellage notwendige Betriebsmittel für Abgaseinrichtungen nicht ausreichend zur Verfügung stehen oder

3.
wegen einer anderen durch die ernste oder erhebliche Gasmangellage ausgelösten Notwendigkeit

im vereinfachten Verfahren nach § 19 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu genehmigen. Die Genehmigung ist entsprechend zu befristen. § 19 Absatz 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bleibt von dieser Vorschrift unberührt.

§ 31i Abweichungen von der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft

(1) Die zuständige Behörde soll auf Antrag des Betreibers nach der Nummer 5.1.1 der Neufassung der Ersten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft) vom 18. August 2021 (GMBl S. 1050) Abweichungen von den Anforderungen der Nummer 5 der Ersten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft) vom 18. August 2021 (GMBl S. 1050) oder den Anforderungen der Nummer 5 der Ersten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft) vom 24. Juli 2002 (GMBl S. 511) zulassen, solange und soweit diese Abweichungen erforderlich sind

1.
im Zusammenhang mit einem Brennstoffwechsel wegen einer ernsten oder erheblichen Gasmangellage,

2.
weil wegen einer ernsten oder erheblichen Gasmangellage notwendige Betriebsmittel für Abgaseinrichtungen nicht ausreichend zur Verfügung stehen oder

3.
wegen einer anderen durch die ernste oder erhebliche Gasmangellage ausgelösten Notwendigkeit.

Bei Anlagen, die von der Richtlinie 2010/75/EU erfasst werden, müssen die Anforderungen der Richtlinie 2010/75/EU eingehalten werden.

(2) Es bedarf weder einer Anzeige nach § 15 noch einer Änderungsgenehmigung nach § 16, wenn der Betreiber einer Anlage bei der zuständigen Behörde Abweichungen nach Absatz 1 beantragt.

§ 31j Überschreitung von Immissionsrichtwerten der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm

(1) Die zuständige Behörde soll auf Antrag des Betreibers nach der Nummer 7.1 der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm) vom 26. August 1998 (GMBl S. 503), geändert durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift vom 1. Juni 2017 (BAnz AT 08.06.2017 B5) die Überschreitung von Immissionsrichtwerten zulassen, solange und soweit diese Überschreitung erforderlich ist

1.
im Zusammenhang mit einem Brennstoffwechsel wegen einer ernsten oder erheblichen Gasmangellage,

2.
weil wegen einer ernsten oder erheblichen Gasmangellage notwendige Betriebsmittel für Abgaseinrichtungen nicht ausreichend zur Verfügung stehen oder

3.
wegen einer anderen durch die ernste oder erhebliche Gasmangellage ausgelösten Notwendigkeit.

(2) Es bedarf weder einer Anzeige nach § 15 noch einer Änderungsgenehmigung nach § 16, wenn der Betreiber einer Anlage bei der zuständigen Behörde eine Überschreitung nach Absatz 1 beantragt.

§ 31k Übergangsregelungen zu den §§ 31e bis 31j

(1) Die Regelungen der §§ 31e bis 31j sind auf bereits vor ihrem Inkrafttreten begonnene, aber noch nicht abgeschlossene Verfahren anzuwenden. Ein Verfahrensschritt, der bereits begonnen, aber noch nicht abgeschlossen wurde, ist neu zu beginnen, wenn er nach den §§ 31e bis 31j durchgeführt wird. Ein Verfahrensschritt nach Satz 2 muss nicht beendet werden, wenn er nach den §§ 31e bis 31j entfallen kann.

(2) Abweichend von Absatz 1 soll ein Verfahrensschritt, der bereits begonnen, aber noch nicht abgeschlossen wurde, nach den Vorschriften, die zum Zeitpunkt des Beginns des Verfahrens galten, beendet werden, wenn der Verfahrensschritt hiernach schneller abgeschlossen werden kann.

(3) Für Verfahrensschritte, bei denen von einer Regelung nach den §§ 31e bis 31j Gebrauch gemacht worden ist und die bei Außerkrafttreten der §§ 31e bis 31j noch nicht abgeschlossen sind, gelten die Bestimmungen der §§ 31e bis 31j bis zum Abschluss des jeweiligen Verfahrensschrittes weiter."


Artikel 2 Inkrafttreten, Außerkrafttreten


Artikel 2 wird in 2 Vorschriften zitiert und ändert mWv. 27. Oktober 2024 BImSchG offen, mWv. 27. Oktober 2026 offen

(1) Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung*) in Kraft.

(2) Die §§ 31e bis 31j des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Mai 2013 (BGBl. I S. 1274; 2021 I S. 123), das zuletzt durch Artikel 1 dieses Gesetzes geändert worden ist, treten mit Ablauf des 26. Oktober 2024 außer Kraft.

(3) § 31k des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Mai 2013 (BGBl. I S. 1274; 2021 I S. 123), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 2 dieses Gesetzes geändert worden ist, tritt mit Ablauf des 26. Oktober 2026 außer Kraft.


---
*)
Anm. d. Red.: Die Verkündung erfolgte am 25. Oktober 2022.


Schlussformel



Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt.

Es ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden.

Der Bundespräsident

Steinmeier

Der Bundeskanzler

Olaf Scholz

Die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz

Steffi Lemke