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Abschnitt I - Binnenschifferpatentverordnung (BinSchPatentV)


Abschnitt I Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Begriffsbestimmungen



Im Sinne dieser Verordnung sind:

1.
Wasserstraßen:

die Bundeswasserstraßen der Zonen 1 bis 4 nach Anhang I der Binnenschiffsuntersuchungsordnung vom 21. September 2018 (BGBl. I S. 1398) in der jeweils geltenden Fassung; im Sinne der unionsrechtlichen Vorschriften über Schifferpatente für den Binnenschiffsgüter- und -personenverkehr sind Seeschifffahrtsstraßen die Wasserstraßen der Zonen 1 und 2 und Binnenwasserstraßen die Wasserstraßen der Zonen 3 und 4;

2.
Fahrzeuge:

Binnenschiffe, Seeschiffe, schwimmende Geräte und Fähren;

3.
Binnenschiffe:

Schiffe, die ausschließlich oder vorwiegend für die Fahrt auf Binnengewässern bestimmt sind;

4.
Seeschiffe:

Schiffe, die zur See- oder Küstenfahrt zugelassen und vorwiegend dafür bestimmt sind;

5.
schwimmende Geräte:

schwimmende Konstruktionen mit auf ihnen vorhandenen Arbeitseinrichtungen wie Krane, Bagger, Rammen, Elevatoren;

6.
Fähren:

Fahrzeuge, die dem Übersetzverkehr von einem Ufer zum anderen dienen und von der Strom- und Schiffahrtspolizeibehörde als Fähre behandelt werden;

7.
Sportfahrzeuge:

für Sport- oder Erholungszwecke bestimmte Schiffe;

8.
Fahrgastschiffe:

zur Beförderung von Fahrgästen zugelassene Schiffe;

8a.
Fahrgastboot:

zur Beförderung von Fahrgästen zugelassene Fahrzeuge, die keine Fahrgastschiffe sind;

9.
Schleppboote:

eigens zum Schleppen gebaute Schiffe;

10.
Schubboote:

eigens zur Fortbewegung von Schubverbänden gebaute Schiffe;

11.
Dienstfahrzeuge:

Fahrzeuge, die im Rahmen hoheitlicher Aufgaben eingesetzt werden;

12.
Feuerlöschboote:

Fahrzeuge mit einer Länge von 15 Metern oder mehr, die ausschließlich oder überwiegend zum Feuerlöschen eingesetzt werden;

13.
Länge:

die größte Länge des Schiffskörpers in Metern, ohne Ruder und Bugspriet;

14.
Decksmannschaft:

die Mindestbesatzung mit Ausnahme des Maschinenpersonals;

15.
Matrose, Matrosen-Motorwart, Bootsmann, Steuermann:

eine Person, die die entsprechende Befähigung nach den Besatzungsvorschriften der Binnenschiffsuntersuchungsordnung besitzt;

16.
Fahrzeit:

die Zeit an Bord eines auf Reisen befindlichen Fahrzeuges.




§ 2 Unberührt bleibende Vorschriften



Vorschriften, die das Führen von

1.
Fahrzeugen auf dem Rhein mit Ausnahme der Fähren sowie auf der Edertalsperre und der Diemeltalsperre,

2.
Sportfahrzeugen mit einer Länge von weniger als 20 Metern auf Wasserstraßen der Zonen 3 und 4,

3.
Seeschiffen und Sportfahrzeugen auf Wasserstraßen der Zonen 1 und 2,

4.
Fahrzeugen, die ausschließlich zur Verwendung im Hamburger Hafen bestimmt sind,

regeln, bleiben unberührt.




§ 2a Vorübergehende Abweichungen



Die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung zur Anpassung an die technische Entwicklung der Binnenschifffahrt oder zu Versuchszwecken, durch die die Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs nicht beeinträchtigt werden, von dieser Verordnung abweichende Vorschriften vorübergehend bis zur Dauer von drei Jahren zu erlassen.




§ 3 Fahrerlaubnis



(1) Wer ein Fahrzeug auf einer Wasserstraße führen will, bedarf einer Fahrerlaubnis der zuständigen Behörde für die jeweilige Klasse.

(2) Die Fahrerlaubnis wird auf Antrag auf bestimmte Wasserstraßen oder Streckenabschnitte oder bestimmte Fahrzeugarten beschränkt.

(3) Die Fahrerlaubnis wird, unbeschadet des § 5, durch ein Befähigungszeugnis nach dieser Verordnung (Anlagen 1 bis 8) und in den Fällen des § 7 Abs. 4 durch den Sportbootführerschein mit dem Geltungsbereich Seeschifffahrtsstraßen oder dem Geltungsbereich Binnenschifffahrtsstraßen nachgewiesen.

(4) Der Eigentümer oder, sofern ein Ausrüsterverhältnis besteht, der Ausrüster eines Fahrzeuges darf nicht anordnen oder zulassen, daß jemand das Fahrzeug führt, der nicht Inhaber der erforderlichen Fahrerlaubnis (Absatz 1) ist oder gegen den das Ruhen der Erlaubnis (§ 24 Abs. 2 und 6) vollziehbar angeordnet wurde.




§ 4 Ausnahmen



(1) Keiner Fahrerlaubnis bedarf der Führer eines Fahrzeuges,

1.
das bei einem anderen längsseits gekuppelt oder sonst von ihm derart mitgeführt wird, daß er weder Kurs noch Geschwindigkeit bestimmen kann,

2.
das nur mit Muskelkraft oder unter Segel angetrieben wird oder mit einer Antriebsmaschine ausgerüstet ist, deren effektive Nutzleistung nicht mehr als 11,03 Kilowatt beträgt.

(2) Der Führer eines nicht in Fahrt befindlichen schwimmenden Gerätes bedarf einer Fahrerlaubnis nur im Fahrwasser von Wasserstraßen der Zonen 1 und 2 nach Maßgabe der Anlage 10.

(3) 1Keiner Fahrerlaubnis bedürfen beim Führen von

1.
Dienstfahrzeugen der Bundeswehr, der Bundeszollverwaltung, der Bundespolizei, der Bereitschaftspolizei, der Wasserschutzpolizei der Länder mit einer Länge von nicht mehr als 25 Metern,

2.
Dienstfahrzeugen des Zivil- und Katastrophenschutzes, der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, der Schifffahrtsverwaltung eines Landes, eines Landeskriminalamtes, der Feuerwehr mit einer Länge von weniger als 20 Metern

die Inhaber eines amtlichen Berechtigungsscheines ihrer Dienst- oder Ausbildungsstelle. 2Dies gilt für die Inhaber eines Berechtigungsscheines einer als gemeinnützig anerkannten Körperschaft beim Führen von Wasserrettungsfahrzeugen mit einer Länge von weniger als 20 Metern entsprechend.




§ 5 Geltung anderer Befähigungszeugnisse



(1) Eine nach dieser Verordnung vorgeschriebene Fahrerlaubnis wird ersetzt durch ein gültiges oder eine gültige:

1.
Befähigungszeugnis nach Maßgabe des § 28 Absatz 1 auf Grund der Binnenschifferpatentverordnung vom 7. Dezember 1981 (BGBl. I S. 1333), die zuletzt durch § 7 Nr. 2 der Verordnung vom 7. Mai 1993 (BGBl. I S. 741) geändert worden ist; soweit es bisher zum Befahren wenigstens einer Seeschiffahrtsstraße berechtigte, gilt es für alle Wasserstraßen der Zonen 1 und 2;

2.
Schifferpatent nach den Artikeln 1 und 2 der Richtlinie 91/672/EWG und nach Artikel 1 Abs. 4 der Richtlinie 96/50/EG nach Maßgabe der darin eingetragenen Beschränkungen, sofern der Inhaber mindestens 21 Jahre alt ist;

3.
Großes Patent, Kleines Patent, Behördenpatent oder Sportpatent auf den Wasserstraßen der Zonen 3 und 4, wenn es in einem Rheinuferstaat oder in Belgien auf Grund der Schiffspersonalverordnung-Rhein vom 2. Juni 2010 (BGBl. 2011 II S. 1300, Anlageband) auch nur für einzelne Streckenabschnitte des Rheines erteilt worden ist;

4.
Hafenpatent des Landes Hamburg auf den Wasserflächen im Bereich der Hahnöfer Nebenelbe, der Este, der Estezufahrt und des Mühlenberger Lochs;

5.
a)
nautisches Befähigungszeugnis auf Grund der Vorschriften über die Erteilung von Befähigungszeugnissen,

b)
entsprechendes Befähigungszeugnis für Personen mit Wohnsitz außerhalb des Geltungsbereichs dieser Verordnung, das im Staat des Wohnsitzes erteilt worden ist,

auf den Wasserstraßen der Zonen 1 und 2 auch für Binnenschiffe; ein Befähigungszeugnis als nautischer Offizier oder Seesteuermann berechtigt jedoch nicht zum Führen eines Fahrgastschiffes, das zur Beförderung von mehr als zwölf Personen zugelassen ist;

6.
Fahrerlaubnis nach der Sportbootführerscheinverordnung-Binnen vom 22. März 1989 (BGBl. I S. 536, 1102), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 8. Mai 2000 (BGBl. I S. 644), in der jeweils geltenden Fassung nach Maßgabe des § 28 Absatz 2.

(2) Zum Führen eines Fahrzeuges berechtigt ferner

1.
auf der Eider oberhalb der Einmündung des Gieselaukanals ein auf einer anderen Wasserstraße,

2.
auf den im Hamburger Hafen gelegenen Teilen der Elbe ein auf der Elbe unterhalb von Geesthacht

geltendes Befähigungszeugnis, auch soweit es nicht nach dieser Verordnung erteilt ist.

(3) Das in einem anderen Elb- oder Donauuferstaat erteilte Befähigungszeugnis, das zum Befahren der Elbe oder der Donau auch im Geltungsbereich dieser Verordnung berechtigt, ist auf der Elbe (Anlage 9), der Ilmenau und dem Elbe-Lübeck-Kanal oder der Donau entsprechenden Fahrerlaubnis nach dieser Verordnung gleichgestellt.

(4) Befähigungszeugnisse, die in einem anderen Moseluferstaat für das Führen eines Fahrzeuges, ausgenommen Fähren, mit oder ohne Antriebsmaschine auf der Mosel erteilt sind, berechtigen zum Führen dieser Fahrzeuge bis zur Mündung in den Rhein. Den Befähigungszeugnissen nach Satz 1 stehen für die Saar erteilte Befähigungszeugnisse gleich. § 4 Abs. 1 Nr. 2 bleibt unberührt.




§ 6 Befreiungsmöglichkeiten



(1) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur kann, unbeschadet des § 5 Abs. 1 Nr. 2 und des § 21, Inhaber von gleichwertigen Befähigungszeugnissen anderer Staaten vom Erfordernis der Fahrerlaubnis nach § 3 Abs. 1 befreien. Es gibt im Verkehrsblatt bekannt, für welche Wasserstraßen und Fahrzeugarten es als Befähigungszeugnis gilt.

(2) Die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt kann Inhaber von Fahrerlaubnissen oder Befähigungszeugnissen nach Absatz 1 oder § 5 das Führen eines Fahrzeuges auf der Teilstrecke einer Wasserstraße, auf der diese nicht gelten, allgemein erlauben, wenn die Teilstrecke infolge einer Umleitungsmaßnahme befahren werden muß.

(3) Das örtlich zuständige Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt kann

1.
Personen ohne Fahrerlaubnis oder Befähigungszeugnis nach Absatz 1 oder § 5 das Führen von Fährnachen auf Wasserstraßen mit geringem Verkehr,

2.
das Führen schwimmender Geräte im Baustellenbetrieb auf der Teilstrecke einer Wasserstraße nach Anlage 9, ohne daß die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 erfüllt sind,

3.
dem Inhaber einer Fahrerlaubnis oder eines Befähigungszeugnisses für Seeschiffahrtsstraßen das Führen eines Fahrzeuges auf kurzen Strecken einer Wasserstraße der Zone 3 oder 4 zur Anfahrt eines Hafens oder eines sonstigen Liegeplatzes oder zur Abfahrt davon

erlauben.