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Vierter Unterabschnitt - Seemannsgesetz (SeemG k.a.Abk.)

G. v. 26.07.1957 BGBl. II S. 713; aufgehoben durch Artikel 7 G. v. 20.04.2013 BGBl. I S. 868
Geltung ab 01.01.1964; FNA: 9513-1 Schiffsbesatzung
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Vierter Abschnitt Arbeitsschutz

Vierter Unterabschnitt Erhöhter Schutz für Jugendliche

§ 94 Beschäftigungsverbot für Kinder und Jugendliche



(1) Die Beschäftigung von Kindern sowie von Jugendlichen unter 16 Jahren und Jugendlichen, die der Vollzeitschulpflicht unterliegen, ist verboten.

(2) Jugendliche dürfen nicht beschäftigt werden

1.
mit Arbeiten, die ihre physische oder psychische Leistungsfähigkeit übersteigen,

2.
mit Arbeiten, bei denen sie sittlichen Gefahren ausgesetzt sind,

3.
mit Arbeiten, die mit Unfallgefahren verbunden sind, von denen anzunehmen ist, daß Jugendliche sie wegen mangelnden Sicherheitsbewußtseins oder mangelnder Erfahrung nicht erkennen oder nicht abwenden können,

4.
mit Arbeiten, bei denen ihre Gesundheit durch außergewöhnliche Hitze oder Kälte oder starke Nässe gefährdet wird,

5.
mit Arbeiten, bei denen sie schädlichen Einwirkungen von Lärm, Erschütterungen oder Strahlen ausgesetzt sind,

6.
mit Arbeiten, bei denen sie schädlichen Einwirkungen von Gefahrstoffen im Sinne des Chemikaliengesetzes ausgesetzt sind,

7.
mit Arbeiten, bei denen sie schädlichen Einwirkungen von biologischen Arbeitsstoffen im Sinne der Biostoffverordnung ausgesetzt sind,

8.
als Kohlenzieher (Trimmer) oder Heizer,

9.
im Maschinendienst, wenn sie die Abschlußprüfung in einem für den Maschinendienst anerkannten Ausbildungsberuf noch nicht bestanden haben.

Die Nummern 3 bis 7 und 8 gelten für die Beschäftigung Jugendlicher, soweit

1.
dies zur Erreichung ihres Ausbildungszieles erforderlich ist,

2.
ihr Schutz durch die Aufsicht eines Fachkundigen gewährleistet ist und

3.
der Luftgrenzwert bei gefährlichen Stoffen (Absatz 2 Nr. 6) unterschritten wird.

Satz 2 findet keine Anwendung auf gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppen 3 und 4 im Sinne der Biostoffverordnung.

(3) Die Arbeitsschutzbehörde kann in Einzelfällen feststellen, ob eine Arbeit unter die Beschäftigungsverbote oder -beschränkungen des Absatzes 2 oder einer von den Bundesministerien für Arbeit und Soziales und für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung gemäß § 143 Abs. 1 Nr. 9 erlassenen Verordnung fällt. Sie kann in Einzelfällen die Beschäftigung Jugendlicher mit bestimmten Arbeiten über die Beschäftigungsverbote und -beschränkungen des Absatzes 2 und einer Rechtsverordnung gemäß § 143 Abs. 1 Nr. 9 hinaus verbieten oder beschränken, wenn diese Arbeiten mit Gefahren für Leben, Gesundheit oder für die körperliche oder seelisch-geistige Entwicklung der Jugendlichen verbunden sind.




§ 95 Sonstige Pflichten des Kapitäns gegenüber Jugendlichen



(1) Der Kapitän hat die erforderlichen Vorkehrungen und Anordnungen zum Schutze der Jugendlichen gegen Gefahren für Leben und Gesundheit sowie zur Vermeidung einer Beeinträchtigung der körperlichen oder seelisch-geistigen Entwicklung zu treffen. Hierbei sind das mangelnde Sicherheitsbewußtsein, die mangelnde Erfahrung und der Entwicklungsstand der Jugendlichen zu berücksichtigen und die allgemein anerkannten sicherheitstechnischen und arbeitsmedizinischen Regeln sowie die sonstigen gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse zu beachten.

(1a) Vor Beginn der Beschäftigung Jugendlicher und bei wesentlicher Änderung der Arbeitsbedingungen hat der Kapitän die mit der Beschäftigung verbundenen Gefährdungen Jugendlicher zu beurteilen. Im übrigen gelten die Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes.

(2) Der Kapitän hat die Jugendlichen vor Beginn der Beschäftigung und bei wesentlicher Änderung der Arbeitsbedingungen über die Unfall- und Gesundheitsgefahren, denen sie bei der Beschäftigung ausgesetzt sind, sowie über die Einrichtungen und Maßnahmen zur Abwendung dieser Gefahren zu unterweisen. Er hat die Jugendlichen vor der erstmaligen Beschäftigung an Maschinen und gefährlichen Arbeitsstellen oder mit Arbeiten, bei denen sie mit gesundheitsgefährdenden Stoffen in Berührung kommen, über die besonderen Gefahren dieser Arbeiten sowie über das bei ihrer Verrichtung erforderliche Verhalten zu unterweisen. Die Unterweisungen sind in angemessenen Zeitabständen, mindestens aber halbjährlich zu wiederholen.

(3) Der Arbeitgeber beteiligt die Betriebsärzte und die Fachkräfte für Arbeitssicherheit an der Planung, Durchführung und Überwachung der für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Beschäftigung Jugendlicher geltenden Vorschriften.


§ 96 Arbeitszeit der Jugendlichen



Für Jugendliche gelten die Vorschriften der §§ 85 bis 87 über die See- und Hafenarbeitszeit mit der Abweichung, daß sie vorbehaltlich der Regelung in § 100 Abs. 3 und 4 nicht mehr als acht Stunden täglich und nicht mehr als 40 Stunden wöchentlich beschäftigt werden dürfen.


§ 97 Mehrarbeit der Jugendlichen



(1) Jugendliche dürfen mit Mehrarbeit nur in den Fällen des § 88 beschäftigt werden.

(2) (weggefallen)

(3) Jugendliche dürfen mit Mehrarbeit nur beschäftigt werden, wenn keine erwachsenen Besatzungsmitglieder herangezogen werden können.

(4) Werden Jugendliche nach § 88 mit Mehrarbeit beschäftigt, so finden die Vorschriften der §§ 98 und 99 über Ruhepausen und Nachtruhe keine Anwendung.

(5) Wird in den Fällen des Absatzes 1 Mehrarbeit geleistet, so ist sie durch entsprechende Verkürzung der Arbeitszeit innerhalb der folgenden drei Wochen auszugleichen. Kann der Arbeitszeitausgleich wegen Beendigung des Heuerverhältnisses nicht mehr gewährt werden, ist die Mehrarbeit zu vergüten, wobei der Zuschlag für Jugendliche abweichend von § 90 Abs. 1 für jede Mehrarbeitsstunde mindestens ein Viertel eines Zweihundertstels der Grundheuer beträgt.


§ 98 Ruhepausen



(1) Den Jugendlichen müssen im voraus feststehende Ruhepausen von angemessener Dauer gewährt werden. Die Ruhepausen müssen mindestens betragen:

1.
dreißig Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als viereinhalb bis zu sechs Stunden,

2.
sechzig Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden.

Als Ruhepause gilt nur eine Arbeitsunterbrechung von mindestens fünfzehn Minuten.

(2) Die Ruhepausen müssen in angemessener zeitlicher Lage gewährt werden, frühestens eine Stunde nach Beginn und spätestens eine Stunde vor Ende der Arbeitszeit. Länger als viereinhalb Stunden hintereinander dürfen Jugendliche nicht ohne Ruhepause beschäftigt werden.


§ 99 Nachtruhe der Jugendlichen



Jugendliche dürfen vorbehaltlich der Regelung in § 100 Abs. 4 nur in der Zeit von 6 bis 20 Uhr beschäftigt werden.


§ 100 Freizeit der Jugendlichen



(1) § 91 findet auf Jugendliche keine Anwendung.

(2) Jugendliche dürfen im Hafen nur an fünf Tagen in der Woche beschäftigt werden. Die freien Tage sollten möglichst der Samstag und der Sonntag sein. Für die Beschäftigung an einem gesetzlichen Feiertag, der auf einen Werktag fällt, ist den Jugendlichen ein anderer freier Tag zu gewähren.

(3) Auf See dürfen Jugendliche nur an sechs Tagen in der Woche und bis zu 48 Stunden wöchentlich beschäftigt werden. Für die Beschäftigung am sechsten Tag ist ihnen ein anderer freier Tag zu gewähren. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Im Wachdienst auf See dürfen Jugendliche an jedem Tag in der Woche bis zu acht Stunden täglich und ab 5 Uhr beschäftigt werden. Das gilt jedoch nur, wenn die Jugendlichen während der Wache neben dem Wachdienst nur mit den in § 85 Abs. 2 genannten Arbeiten beschäftigt werden. Für die Beschäftigung am sechsten und siebenten Tag in der Woche ist den Jugendlichen je ein anderer freier Tag zu gewähren. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Der Arbeitsbeginn nach Satz 1 kann auf 4 Uhr gelegt werden, wenn andernfalls die wirksame Ausbildung jugendlicher Seeleute gemäß festgelegten Programmen und Zeitplänen beeinträchtigt würde.

(5) Die freien Tage nach den Absätzen 2 bis 4 sind den Jugendlichen in einem Hafen zu gewähren, in dem Landgang zulässig und möglich ist. Auf Verlangen des Jugendlichen können die freien Tage auch auf See oder in Verbindung mit dem Urlaub gewährt werden.


§ 100a Abweichende Regelungen



(1) In einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Bordvereinbarung kann zugelassen werden

1.
abweichend von den §§ 96 und 100 Abs. 2 Satz 1 die Arbeitszeit bis zu neun Stunden täglich, 44 Stunden wöchentlich und bis zu fünfeinhalb Tagen in der Woche anders zu verteilen, jedoch nur unter Einhaltung einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden in einem Ausgleichszeitraum von zwei Monaten,

2.
abweichend von § 98 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 die Ruhepausen bis zu 15 Minuten zu kürzen und die Lage der Pausen anders zu bestimmen,

3.
abweichend von § 99 Jugendliche einmal in der Woche in der Zeit von 20 bis 24 Uhr zu beschäftigen, wenn im Anschluss daran eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens neun Stunden gewährleistet ist,

4.
abweichend von § 100 Abs. 4 Satz 1 Jugendliche auch im Wachdienst im Hafen nach Maßgabe des § 100 Abs. 4 Satz 2 bis 4 zu beschäftigen.

Die Ruhezeit nach Nummer 3 kann auf acht Stunden verkürzt werden, wenn andernfalls die wirksame Ausbildung jugendlicher Seeleute gemäß festgelegten Programmen und Zeitplänen beeinträchtigt würde.

(2) Im Geltungsbereich eines Tarifvertrages nach Absatz 1 kann die abweichende tarifvertragliche Regelung im Betrieb eines nicht tarifgebundenen Reeders durch Betriebs- oder Bordvereinbarung oder, wenn eine Arbeitnehmervertretung nicht besteht, durch schriftliche Vereinbarung zwischen dem Reeder und dem Jugendlichen übernommen werden.