Gesetz zur Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich (VwVfInfrBG k.a.Abk.)

G. v. 14.03.2023 BGBl. 2023 I Nr. 71; Geltung ab 21.03.2023, abweichend siehe Artikel 6
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Eingangsformel
Artikel 1 Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung
Artikel 2 Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes
Artikel 3 Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes
Artikel 4 Änderung des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz
Artikel 5 Änderung des Telekommunikationsgesetzes
Artikel 6 Inkrafttreten
Schlussformel

Eingangsformel



Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

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Artikel 1 Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung


Artikel 1 wird in 2 Vorschriften zitiert und ändert mWv. 21. März 2023 VwGO § 9, § 10, § 48, § 50, § 80b, § 80c (neu), § 87b, § 87c (neu), § 102a, § 154, mWv. 1. Januar 2024 § 99, § 188b

Die Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), die zuletzt durch Artikel 13 Absatz 2 des Gesetzes vom 10. März 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 64) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1.
Dem § 9 wird folgender Absatz 4 angefügt:

„(4) In Verfahren nach § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 kann der Senat den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und

2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.

§ 6 Absatz 2 bis 4 gilt entsprechend."

2.
Dem § 10 wird folgender Absatz 4 angefügt:

„(4) In Verfahren nach § 50 Absatz 1 Nummer 6 kann der Senat in einer Besetzung mit drei Richtern entscheiden, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und

2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.

§ 6 Absatz 2 bis 4 gilt entsprechend."

3.
In § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3a werden nach dem Wort „Metern" die Wörter „sowie Anlagen von Windenergie auf See im Küstenmeer" eingefügt.

4.
§ 50 Absatz 1 wird wie folgt geändert:

a)
In Nummer 6 wird der Punkt am Ende durch ein Komma und die Wörter „über sämtliche Streitigkeiten, die Vorhaben zur Errichtung und zur Anbindung von Terminals zum Import von Wasserstoff und Derivaten betreffen, sowie über die ihm nach dem LNG-Beschleunigungsgesetz zugewiesenen Verfahren," ersetzt.

b)
Folgende Nummer 7 wird angefügt:

„7.
über die ihm nach dem Energiesicherungsgesetz zugewiesenen Verfahren."

5.
In § 80b Absatz 3 wird die Angabe „§ 80a" durch die Wörter „die §§ 80a und 80c" ersetzt.

6.
Nach § 80b wird folgender § 80c eingefügt:

§ 80c

(1) In Verfahren nach § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 und § 50 Absatz 1 Nummer 6 gelten für die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (§§ 80 und 80a) ergänzend die Absätze 2 bis 4. Von Satz 1 ausgenommen sind in § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 das Anlegen von Verkehrsflughäfen und von Verkehrslandeplätzen mit beschränktem Bauschutzbereich sowie in § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 13 Planfeststellungsverfahren für Braunkohletagebaue.

(2) Das Gericht kann einen Mangel des angefochtenen Verwaltungsaktes außer Acht lassen, wenn offensichtlich ist, dass dieser in absehbarer Zeit behoben sein wird. Ein solcher Mangel kann insbesondere sein

1.
eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften oder

2.
ein Mangel bei der Abwägung im Rahmen der Planfeststellung oder der Plangenehmigung.

Das Gericht soll eine Frist zur Behebung des Mangels setzen. Verstreicht die Frist, ohne dass der Mangel behoben worden ist, gilt § 80 Absatz 7 entsprechend. Satz 1 gilt grundsätzlich nicht für Verfahrensfehler gemäß § 4 Absatz 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes.

(3) Entscheidet das Gericht im Rahmen einer Vollzugsfolgenabwägung, soll es die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in der Regel auf diejenigen Maßnahmen des angefochtenen Verwaltungsaktes beschränken, bei denen dies erforderlich ist, um anderenfalls drohende irreversible Nachteile zu verhindern. Es kann die beschränkte Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung von der Leistung einer Sicherheit durch den Begünstigten des angefochtenen Verwaltungsaktes abhängig machen.

(4) Das Gericht hat im Rahmen einer Vollzugsfolgenabwägung die Bedeutung von Vorhaben besonders zu berücksichtigen, wenn ein Bundesgesetz feststellt, dass diese im überragenden öffentlichen Interesse liegen."

7.
Dem § 87b wird folgender Absatz 4 angefügt:

„(4) Abweichend von Absatz 3 hat das Gericht in Verfahren nach § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 und § 50 Absatz 1 Nummer 6 Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückzuweisen und ohne weitere Ermittlungen zu entscheiden, wenn der Beteiligte

1.
die Verspätung nicht genügend entschuldigt und

2.
über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.

Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend."

8.
Nach § 87b wird folgender § 87c eingefügt:

§ 87c

(1) Verfahren nach § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 und § 50 Absatz 1 Nummer 6 sollen vorrangig und beschleunigt durchgeführt werden. Dies gilt auch

1.
für Verfahren nach § 47 Absatz 1 Nummer 1, wenn sie Bauleitpläne mit Darstellungen oder Festsetzungen von Flächen für die in § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 3a, 3b oder 5 genannten Vorhaben zum Gegenstand haben und

2.
für Verfahren nach § 47 Absatz 1 Nummer 2, wenn sie Raumordnungspläne mit Festlegungen von Gebieten zur Nutzung von Windenergie zum Gegenstand haben.

Besonders zu priorisieren sind Verfahren über Vorhaben, wenn ein Bundesgesetz feststellt, dass diese im überragenden öffentlichen Interesse liegen. Von Satz 1 ausgenommen sind in § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 das Anlegen von Verkehrsflughäfen und von Verkehrslandeplätzen mit beschränktem Bauschutzbereich sowie in § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 13 Planfeststellungsverfahren für Braunkohletagebaue.

(2) In den in Absatz 1 genannten Verfahren soll der Vorsitzende oder der Berichterstatter in geeigneten Fällen die Beteiligten zu einem frühen ersten Termin zur Erörterung des Sach- und Streitstandes und zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits laden. Kommt es in diesem Termin nicht zu einer gütlichen Beilegung des Rechtsstreits, erörtert der Vorsitzende oder der Berichterstatter mit den Beteiligten den weiteren Ablauf des Verfahrens und die mögliche Terminierung der mündlichen Verhandlung."

abweichendes Inkrafttreten am 01.01.2024

9.
Nach § 99 Absatz 1 Satz 1 wird folgender Satz eingefügt:

„Führen Behörden die Akten elektronisch, sind diese als digital durchsuchbare Dokumente vorzulegen, soweit dies technisch möglich ist."

Ende abweichendes Inkrafttreten


10.
In § 102a Absatz 4 werden nach der Angabe „Nummer 1" die Wörter „und § 87c Absatz 2 Satz 1" eingefügt.

11.
Dem § 154 wird folgender Absatz 5 angefügt:

„(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt."

abweichendes Inkrafttreten am 01.01.2024

12.
§ 188b wird wie folgt gefasst:

§ 188b

Für Angelegenheiten des Planungsrechts sollen besondere Kammern oder Senate gebildet werden (Planungskammern, Planungssenate). Ihnen können insbesondere auch Sachgebiete zugewiesen werden, die mit den Angelegenheiten des Planungsrechts im Zusammenhang stehen."

Ende abweichendes Inkrafttreten


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Artikel 2 Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes


Artikel 2 wird in 2 Vorschriften zitiert und ändert mWv. 21. März 2023 UmwRG § 6

Dem § 6 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. August 2017 (BGBl. I S. 3290), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 25. Februar 2021 (BGBl. I S. 306) geändert worden ist, wird folgender Satz angefügt:

 
„Die vorstehenden Sätze gelten entsprechend für Fälle, in denen das gerichtliche Verfahren zur Durchführung eines Planergänzungs- oder Planänderungsverfahrens ausgesetzt wurde und später fortgesetzt wird; die Frist läuft ab Fortsetzung des gerichtlichen Verfahrens."

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Artikel 3 Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes


Artikel 3 wird in 2 Vorschriften zitiert und ändert mWv. 21. März 2023 EnWG § 43e, § 43f, § 44c

Das Energiewirtschaftsgesetz vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970, 3621), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 4. Januar 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 9) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1.
§ 43e Absatz 3 wird wie folgt gefasst:

„(3) Der Kläger hat innerhalb einer Frist von zehn Wochen ab Klageerhebung die zur Begründung seiner Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf dieser Frist vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn der Kläger die Verspätung genügend entschuldigt. Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen. Satz 2 gilt nicht, wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Klägers zu ermitteln. Die Frist nach Satz 1 kann durch den Vorsitzenden oder den Berichterstatter auf Antrag verlängert werden, wenn der Kläger in dem Verfahren, in dem die angefochtene Entscheidung ergangen ist, keine Möglichkeit der Beteiligung hatte."

2.
Dem § 43f wird folgender Absatz 6 angefügt:

„(6) § 43e ist entsprechend anzuwenden."

3.
Dem § 44c Absatz 4 wird folgender Satz angefügt:

„Im Übrigen ist § 43e Absatz 3 entsprechend anzuwenden."

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Artikel 4 Änderung des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz


Artikel 4 wird in 2 Vorschriften zitiert und ändert mWv. 21. März 2023 NABEG § 16, § 25

Das Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz vom 28. Juli 2011 (BGBl. I S. 1690), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 8. Oktober 2022 (BGBl. I S. 1726) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1.
§ 16 Absatz 5 Satz 2 wird durch die folgenden Sätze ersetzt:

„Für Anfechtungsklagen gegen eine Veränderungssperre ist § 43e des Energiewirtschaftsgesetzes entsprechend anzuwenden. Für Verpflichtungsklagen auf Erlass oder Aufhebung einer Veränderungssperre ist § 43e des Energiewirtschaftsgesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle von Anträgen auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung Anträge auf Erlass von vorläufigen Anordnungen treten."

2.
Dem § 25 wird folgender Absatz 5 angefügt:

„(5) § 43e des Energiewirtschaftsgesetzes ist entsprechend anzuwenden."

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Artikel 5 Änderung des Telekommunikationsgesetzes


Artikel 5 wird in 2 Vorschriften zitiert und ändert mWv. 1. Januar 2024 TKG § 218

In § 218 Absatz 1 Satz 1 des Telekommunikationsgesetzes vom 23. Juni 2021 (BGBl. I S. 1858), das zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 20. Juli 2022 (BGBl. I S. 1166) geändert worden ist, werden die Wörter „§ 99 Absatz 1 Satz 2" durch die Wörter „§ 99 Absatz 1 Satz 3" ersetzt.

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Artikel 6 Inkrafttreten



(1) Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Absatzes 2 am Tag nach der Verkündung*) in Kraft.

(2) Artikel 1 Nummer 9, 12 und Artikel 5 treten am 1. Januar 2024 in Kraft.

(3) Die Artikel 2 bis 4 gelten für Verfahren, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes anhängig geworden sind.


---
*)
Anm. d. Red.: Die Verkündung erfolgte am 20. März 2023.

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Schlussformel



Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt.

Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt. Es ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden.

Der Bundespräsident

Steinmeier

Der Bundeskanzler

Olaf Scholz

Der Bundesminister der Justiz

Marco Buschmann

Der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz

Robert Habeck

Der Bundesminister für Digitales und Verkehr

Volker Wissing



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