Bundesrecht - tagaktuell konsolidiert - alle Fassungen seit 2006
Vorschriftensuche
 

Kapitel 18 - Vierzehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XIV)

Artikel 1 G. v. 12.12.2019 BGBl. I S. 2652 (Nr. 50); zuletzt geändert durch Artikel 11 G. v. 22.12.2023 BGBl. 2023 I Nr. 408
Geltung ab 01.01.2024, abweichend siehe Artikel 60; FNA: 860-14 Sozialgesetzbuch
| |

Kapitel 18 Organisation, Durchführung und Verfahren

Abschnitt 1 Organisation und Durchführung

§ 111 Träger der Sozialen Entschädigung


§ 111 wird in 1 Vorschrift zitiert

Träger der Sozialen Entschädigung sind die Länder.


§ 112 Sachliche Zuständigkeit



1Sachlich zuständig sind die nach Landesrecht bestimmten Behörden. 2Die Zuständigkeit kann auf gemeinsame Behörden oder auf andere Träger übertragen werden.


§ 113 Örtliche Zuständigkeit



(1) Die örtliche Zuständigkeit der Behörden nach § 112 bestimmen die Länder.

(2) Bei der Entschädigung von Opfern einer Gewalttat nach den §§ 13 bis 15, bei der Entschädigung von Berechtigten nach § 21 sowie den Leistungen an Angehörige, Hinterbliebene und Nahestehende dieser Personen ist dasjenige Land zuständig, in dem die berechtigte Person ihren Wohnsitz, bei Fehlen eines Wohnsitzes ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.

(3) Für die Festsetzung nach § 8 Absatz 2 ist das Land zuständig, das über die Ansprüche aus dem letzten schädigenden Ereignis entscheidet.

(4) Bei der Entschädigung von Berechtigten nach § 23 ist dasjenige Land zuständig, in dem die antragstellende Person zum Zeitpunkt des Dienstbeginns ihren Wohnsitz, bei Fehlen eines Wohnsitzes ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.

(5) 1Bei der Entschädigung nach § 24 ist dasjenige Land zuständig, in dem die ursächliche Schutzimpfung oder andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe vorgenommen wurde. 2Wurde die ursächliche Schutzimpfung oder andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 20i Absatz 3 des Fünften Buches im Ausland vorgenommen, ist dasjenige Land zuständig, in dem die Antragstellerin oder der Antragsteller zum Zeitpunkt der Antragstellung ihren oder seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder, wenn im Zeitpunkt der Antragstellung ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht vorhanden ist, ist dasjenige Land zuständig, in dem die Antragstellerin oder der Antragsteller zuletzt ihren oder seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hat oder in dem die Behörde oder die Einrichtung ihren Sitz hat, für die die Antragstellerin oder der Antragsteller oder deren oder dessen Angehörige oder deren oder dessen Angehöriger tätig ist oder war.

(6) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf, die örtliche Zuständigkeit für Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, zu bestimmen.




§ 114 Aufgaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales



(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wirkt auf die bundeseinheitliche Durchführung dieses Buches durch geeignete Maßnahmen hin.

(2) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales nimmt die Aufgaben der zentralen Kontaktstelle im Sinne des Artikels 16 der Richtlinie 2004/80/EG wahr.


Abschnitt 2 Verfahren zur Prüfung des Leistungsanspruchs

§ 115 Erleichtertes Verfahren bei Leistungen der Schnellen Hilfen



(1) Leistungen der Schnellen Hilfen werden in der Regel im Erleichterten Verfahren erbracht.

(2) 1Im Erleichterten Verfahren genügt es, wenn eine summarische Prüfung ergibt, dass die antragstellende Person nach dem Recht der Sozialen Entschädigung anspruchsberechtigt sein kann. 2Dabei ist der im Antrag dargelegte Sachverhalt als wahr zu unterstellen, wenn nicht dessen Unrichtigkeit offensichtlich ist.

(3) Im Erleichterten Verfahren wird weder eine Feststellung über die Richtigkeit oder Unrichtigkeit des von der antragstellenden Person vorgetragenen Sachverhaltes noch über das Bestehen oder Nichtbestehen weiterer, über die Schnellen Hilfen hinausgehende Ansprüche getroffen.


§ 116 Weiteres Verfahren



(1) Nach der Entscheidung im Erleichterten Verfahren wird geprüft, ob Ansprüche auf Leistungen der Sozialen Entschädigung bestehen, es sei denn, die antragstellende Person hat den Antrag ausdrücklich auf Schnelle Hilfen beschränkt.

(2) 1Ergibt die weitere Prüfung, dass keine Leistungsansprüche der Sozialen Entschädigung bestehen, wird der Antrag abgelehnt. 2Zugleich wird der Verwaltungsakt, der zuvor im Erleichterten Verfahren ergangen ist, mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.

(3) Ergibt die weitere Prüfung, dass Leistungsansprüche der Sozialen Entschädigung bestehen, erging im Erleichterten Verfahren aber ein nicht begünstigender Verwaltungsakt, wird der im Erleichterten Verfahren ergangene Verwaltungsakt widerrufen und über den Antrag neu entschieden.


§ 117 Beweiserleichterungen



(1) Die Angaben der antragstellenden Person, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, sind, wenn Beweismittel nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden der antragstellenden Person oder ihrer Hinterbliebenen verlorengegangen sind, der Entscheidung zu Grunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen.

(2) Eine Tatsache erscheint glaubhaft, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht.

(3) Die Verwaltungsbehörde kann von der antragstellenden Person in besonderen Fällen die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verlangen.


§ 118 Beiziehung von Unterlagen und Anhörung



(1) 1Mit Einwilligung der antragstellenden Person kann die zuständige Verwaltungsbehörde zur Aufklärung des Sachverhalts von öffentlichen, freien gemeinnützigen und privaten Krankenhäusern sowie Krankenhäusern öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Trägern der Sozialversicherung Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgenbilder im erforderlichen Maße zur Einsicht beiziehen. 2Die Verwaltungsbehörde hat für die Wahrung des ärztlichen Berufsgeheimnisses Sorge zu tragen. 3Unter denselben Voraussetzungen kann die Verwaltungsbehörde von privaten Ärztinnen und Ärzten und anderen Therapeutinnen und Therapeuten, die die antragstellende Person behandeln oder behandelt haben, Auskünfte einholen und Untersuchungsunterlagen zur Einsicht beziehen.

(2) 1Die Verwaltungsbehörde ist befugt, von den Auskunftspersonen die eidesstattliche Versicherung zu verlangen, dass sie nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen haben. 2In gleicher Weise kann von den Sachverständigen die eidesstattliche Versicherung verlangt werden, dass sie das Gutachten unparteiisch und nach bestem Wissen erstattet haben.

(3) 1Ist die Anhörung vor den zuständigen Verwaltungsbehörden mit Schwierigkeiten verbunden, namentlich wegen der Entfernung des Aufenthaltsorts der zu hörenden Personen vom Sitz der Verwaltungsbehörde, so kann eine andere Verwaltungsbehörde und, wenn die Anhörung vor dieser ebenfalls Schwierigkeiten unterläge, eine andere Behörde um die Erledigung ersucht werden. 2Dasselbe gilt bei Gefahr im Verzug.


§ 119 Vorzeitige Leistungen und vorläufige Entscheidung



(1) Bevor die Anspruchsvoraussetzungen nach § 4 festgestellt sind, können Geschädigte Leistungen der Krankenbehandlung sowie Leistungen zur Teilhabe und Besondere Leistungen im Einzelfall erhalten.

(2) 1Kann nach dem Ergebnis der Ermittlungen über den Anspruch oder dessen Umfang noch nicht endgültig entschieden werden, sind jedoch die Voraussetzungen für die Bewilligung einzelner Leistungen mit Wahrscheinlichkeit gegeben, kann über die Erbringung vorläufig entschieden werden. 2Voraussetzung hierfür ist, dass ein Antrag auf vorläufige Entscheidung vorliegt und ein berechtigtes Interesse an der vorläufigen Entscheidung besteht. 3Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind in der Entscheidung anzugeben. 4Nach Abschluss der Ermittlungen ist unverzüglich die endgültige Entscheidung zu treffen.


Abschnitt 3 Weitere Regelungen

§ 120 Ansprüche gegen Schadensersatzpflichtige



(1) § 116 des Zehnten Buches gilt für den Übergang eines Anspruchs der oder des Berechtigten auf Ersatz eines Schadens auf den oder die jeweiligen Kostenträger der Sozialen Entschädigung entsprechend.

(2) 1Ein Ersatzanspruch kann nicht zum Nachteil der oder des Berechtigten geltend gemacht werden. 2Dies gilt insbesondere, wenn die Schadensersatzleistungen der Schädigerin oder des Schädigers oder eines Dritten nicht ausreichen, um den gesamten Schaden zu ersetzen. 3In diesen Fällen sind die Schadensersatzansprüche der oder des Berechtigten vorrangig gegenüber den Ansprüchen des Kostenträgers.

(3) Von der Geltendmachung des Ersatzanspruchs kann abgesehen werden, wenn diese keinen Erfolg verspricht.

(4) 1Die Krankenkassen haben der Verwaltungsbehörde die Tatsachen mitzuteilen, aus denen sich ergibt, dass ein Dritter den Schaden verursacht hat. 2Auf Anfrage haben die Krankenkassen und die Unfallkassen der Länder der Verwaltungsbehörde Angaben darüber zu machen, in welcher Höhe ihnen Kosten für Leistungen der Krankenbehandlung entstanden sind. 3Keine Angaben sind erforderlich für nichtstationäre ärztliche Behandlungen und die Versorgung mit Arzneimitteln und Verbandmitteln.


§ 121 Erstattung von Leistungen durch öffentlich-rechtliche Stellen



1Hat ein Träger der Sozialen Entschädigung Leistungen erbracht und stellt sich nachträglich heraus, dass eine andere öffentlich-rechtliche Stelle, die nicht Leistungsträger nach § 12 des Ersten Buches ist, zur Leistung verpflichtet gewesen wäre, hat die zur Leistung verpflichtete Stelle die Aufwendungen zu erstatten. 2Der Umfang der Erstattung richtet sich nach den Rechtsvorschriften, die für die verpflichtete Stelle gelten.


§ 122 Überzahlung von Geldleistungen nach dem Tod der oder des Berechtigten


§ 122 wird in 1 Vorschrift zitiert

Hat der Träger der Sozialen Entschädigung Geldleistungen für die Zeit nach dem Tod der oder des Berechtigten zu Unrecht erbracht, gilt § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch entsprechend.


§ 122a Zahlung



1Die Leistungen nach § 3 Satz 1 Nummer 5 bis 7 sowie 11 und 12 werden in Monatsbeträgen zuerkannt, auf volle Eurobeträge aufgerundet und monatlich im Voraus gezahlt. 2Die Leistung nach § 48 wird tageweise zuerkannt.