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Kapitel 1 - Konsumcannabisgesetz (KCanG)


Kapitel 1 Allgemeine Vorschriften

§ 1 Begriffsbestimmungen



Im Sinne dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ist oder sind

1.
Cannabinoide: Inhaltsstoffe von Cannabis, die sich an Rezeptoren des Endocannabinoidsystems im menschlichen Körper binden können;

2.
Tetrahydrocannabinol (THC): die natürliche Wirkstoffgruppe Delta-9-Tetrahydrocannabinol;

3.
Cannabidiol (CBD): die natürliche Wirkstoffgruppe Cannabidiol;

4.
Marihuana: die getrockneten Blüten und die blütennahen Blätter der Cannabispflanze;

5.
Haschisch: das abgesonderte Harz der Cannabispflanze;

6.
Stecklinge: Jungpflanzen oder Sprossteile von Cannabispflanzen, die zur Anzucht von Cannabispflanzen verwendet werden sollen und über keine Blütenstände oder Fruchtstände verfügen;

7.
Vermehrungsmaterial: Samen und Stecklinge von Cannabispflanzen;

8.
Cannabis: Pflanzen, Blüten und sonstige Pflanzenteile sowie Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen einschließlich den pflanzlichen Inhaltsstoffen nach Nummer 1 und Zubereitungen aller vorgenannten Stoffe mit Ausnahme von

a)
Cannabis zu medizinischen Zwecken oder Cannabis zu medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken im Sinne von § 2 Nummer 1 und 2 des Medizinal-Cannabisgesetzes,

b)
CBD,

c)
Vermehrungsmaterial,

d)
Nutzhanf und

e)
Pflanzen als Teil von bei der Rübenzüchtung gepflanzten Schutzstreifen, wenn sie vor der Blüte vernichtet werden;

9.
Nutzhanf: Pflanzen, Blüten und sonstige Pflanzenteile der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen,

a)
wenn der Verkehr mit ihnen - ausgenommen der Anbau - ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken dient, die einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen, und

aa)
sie aus dem Anbau in Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit zertifiziertem Saatgut von Hanfsorten stammen, die am 15. März des Anbaujahres im gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten aufgeführt sind und die nach Artikel 17 der Richtlinie 2002/53/EG des Rates vom 13. Juni 2002 über einen gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten (ABl. L 193 vom 20.7.2002, S. 1), die durch die Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 (ABl. L 268 vom 18.10.2003, S. 1) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung durch die Europäische Kommission im Amtsblatt der Europäischen Union Reihe C veröffentlicht sind, oder

bb)
ihr Gehalt an Tetrahydrocannabinol 0,3 Prozent nicht übersteigt oder

b)
wenn

aa)
sie von Unternehmen der Landwirtschaft angebaut werden, die

aaa)
die Voraussetzungen des § 1 Absatz 4 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte erfüllen, mit Ausnahme von Unternehmen der Forstwirtschaft, des Garten- und Weinbaus, der Fischzucht, der Teichwirtschaft, der Imkerei, der Binnenfischerei und der Wanderschäferei, oder

bbb)
für eine Direktzahlung nach den Vorschriften über Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union in Betracht kommen, und

bb)
der Anbau ausschließlich aus zertifiziertem Saatgut von Hanfsorten erfolgt, die am 15. März des Anbaujahres im gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten aufgeführt sind und die nach Artikel 17 der Richtlinie 2002/53/EG in der jeweils geltenden Fassung durch die Europäische Kommission im Amtsblatt der Europäischen Union Reihe C veröffentlicht sind;

10.
Zubereitung: ein Stoffgemisch oder die Lösung eines oder mehrerer Stoffe außer den natürlich vorkommenden Stoffgemischen und Lösungen, unabhängig von dem Aggregatzustand des Stoffgemischs oder der Lösung;

11.
Eigenanbau: nichtgewerblicher Anbau zum Zweck des Eigenkonsums;

12.
privater Eigenanbau: der Eigenanbau im Bereich der Wohnung;

13.
Anbauvereinigungen:

a)
eingetragene nicht wirtschaftliche Vereine oder

b)
eingetragene Genossenschaften,

deren ausschließlicher Zweck der gemeinschaftliche nichtgewerbliche Eigenanbau und die Weitergabe von Cannabis zum Eigenkonsum durch und an Mitglieder, die Weitergabe von Vermehrungsmaterial sowie die Information von Mitgliedern über cannabisspezifische Suchtprävention und -beratung ist;

14.
Werbung: jede Art von kommerzieller Kommunikation mit dem Ziel, der Wirkung oder der wahrscheinlichen Wirkung, den Konsum oder die Weitergabe von Cannabis unmittelbar oder mittelbar zu fördern, unabhängig davon, ob die Kommunikation über das gesprochene Wort persönlich oder im Hörfunk, digital, in der Presse oder in einer anderen gedruckten Veröffentlichung innerhalb oder außerhalb geschlossener Räume einschließlich Schaufensterwerbung erfolgt; als Werbung gilt auch solche kommerzielle Kommunikation, bei der davon ausgegangen werden muss, dass sie von einem nicht unerheblichen Teil der Adressatinnen und Adressaten als Werbung für Cannabis gemäß dem ersten Halbsatz wahrgenommen wird;

15.
Sponsoring: jede Förderung von Einzelpersonen, Anbauvereinigungen oder Veranstaltungen in Form von Geld-, Sach- oder Dienstleistungen mit dem Ziel, der Wirkung oder der wahrscheinlichen Wirkung, den Konsum oder die Weitergabe von Cannabis unmittelbar oder mittelbar zu fördern; ausgenommen sind Förderungen im Binnenverhältnis zwischen einer Anbauvereinigung und ihren Mitgliedern;

16.
Wohnsitz: der Ort, an dem eine Person seit mindestens sechs Monaten eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass sie die Wohnung beibehalten und benutzen wird;

17.
gewöhnlicher Aufenthalt: der Ort, an dem sich eine Person unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass sie an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt; solche Umstände sind bei einem zeitlich zusammenhängenden Aufenthalt an einem Ort von mindestens sechs Monaten Dauer anzunehmen, wobei kurzfristige Unterbrechungen unberücksichtigt bleiben;

18.
Kinder: Personen, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben;

19.
Jugendliche: Personen, die das 14. Lebensjahr, aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben;

20.
Heranwachsende: Personen, die das 18. Lebensjahr, aber noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet haben;

21.
Gewächshäuser: in oder außerhalb von geschlossenen Räumlichkeiten befindliche, in sich abgeschlossene Anbauorte für Cannabispflanzen oder Vermehrungsmaterial;

22.
befriedetes Besitztum: eine Anbaufläche, ein Grundstück, ein Gewächshaus, ein Gebäude oder ein Teil eines Gebäudes, die, das oder der von der berechtigten Person in äußerlich erkennbarer Weise durch Schutzvorrichtungen gegen das beliebige Betreten gesichert ist;

23.
Präventionsbeauftragter: die für den Gesundheits- und Jugendschutz sowie für Sucht- und Präventionsfragen beauftragte Person;

24.
Angehörige:

a)
Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, der Ehegatte oder der Lebenspartner, der Verlobte, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner der Geschwister, Geschwister der Ehegatten oder Lebenspartner, und zwar auch dann, wenn die Ehe oder die Lebenspartnerschaft, die die Beziehung begründet hat, nicht mehr besteht oder wenn die Verwandtschaft oder Schwägerschaft erloschen ist, sowie

b)
Pflegeeltern und Pflegekinder.


§ 2 Umgang mit Cannabis



(1) Es ist verboten,

1.
Cannabis zu besitzen,

2.
Cannabis anzubauen,

3.
Cannabis herzustellen,

4.
mit Cannabis Handel zu treiben,

5.
Cannabis einzuführen oder auszuführen,

6.
Cannabis durchzuführen,

7.
Cannabis abzugeben oder weiterzugeben,

8.
Cannabis zum unmittelbaren Verbrauch zu überlassen,

9.
Cannabis zu verabreichen,

10.
Cannabis sonst in den Verkehr zu bringen,

11.
sich Cannabis zu verschaffen oder

12.
Cannabis zu erwerben oder entgegenzunehmen.

(2) 1Die Extraktion von Cannabinoiden aus der Cannabispflanze ist verboten. 2Das gilt nicht für die

1.
Extraktion von CBD,

2.
Extraktion, die für die Ermittlung der Angaben nach § 21 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 und 6 erforderlich ist.

(3) 1Vom Verbot nach Absatz 1 ausgenommen sind für Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben,

1.
der Umgang mit Cannabis zu wissenschaftlichen Zwecken nach Absatz 4,

2.
der Besitz von Cannabis nach § 3,

3.
der private Eigenanbau von Cannabis nach § 9 und

4.
der gemeinschaftliche Eigenanbau, die Weitergabe und Entgegennahme von Cannabis in Anbauvereinigungen nach den §§ 11 bis 23, 25, 26 und 29.

2Satz 1 gilt nicht in militärischen Bereichen der Bundeswehr.

(4) 1Wer Cannabis zu wissenschaftlichen Zwecken besitzen, anbauen, herstellen, einführen, ausführen, erwerben, entgegennehmen, abgeben, weitergeben, Cannabinoide aus der Cannabispflanze extrahieren oder mit Cannabis zu wissenschaftlichen Zwecken Handel treiben will, bedarf einer Erlaubnis. 2Die Erlaubnis nach Satz 1 darf nur in Ausnahmefällen und nur an Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, erteilt werden. 3Die §§ 6 und 7 Absatz 1, 2 und 4 Satz 1, die §§ 8, 9, 11, 12, 14 bis 21 sowie § 27 des Medizinal-Cannabisgesetzes finden mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass an die Stelle des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte die durch Rechtsverordnung nach Satz 6 festgelegte Bundesbehörde tritt. 4§ 7 Absatz 3 Nummer 2 des Medizinal-Cannabisgesetzes findet entsprechende Anwendung im Fall des Anbaus, Herstellens und Extrahierens. 5§ 7 Absatz 3 Nummer 3 des Medizinal-Cannabisgesetzes findet entsprechende Anwendung im Fall der Einfuhr, Ausfuhr, des Erwerbs, der Abgabe und der Weitergabe. 6Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft legt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die für die Erteilung der Erlaubnis nach Satz 1 und die für die Überwachung sowie für die Durchführung der in den Sätzen 3 bis 5 genannten Regelungen zuständige Bundesbehörde fest.

(5) Vom Verbot nach den Absätzen 1 und 2 Satz 1 ausgenommen ist der Umgang mit Cannabis durch Bundes- oder Landesbehörden für den Bereich ihrer dienstlichen Tätigkeit sowie durch die von ihnen mit der Untersuchung von Cannabis beauftragten Behörden.

(6) 1Unbeschadet des Absatzes 4 können die Zollbehörden im Rahmen der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach § 1 Absatz 3 des Zollverwaltungsgesetzes Waren, bei denen Grund zu der Annahme besteht, dass es sich um Cannabis handelt, das entgegen Absatz 1 in den, aus dem oder durch den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbracht worden ist oder verbracht werden soll, sicherstellen. 2Die §§ 48 bis 50 des Bundespolizeigesetzes gelten entsprechend. 3Kosten, die den Zollbehörden durch die Sicherstellung und Verwahrung entstehen, sind vom Verantwortlichen zu tragen; die §§ 17 und 18 des Bundespolizeigesetzes gelten entsprechend. 4Mehrere Verantwortliche haften als Gesamtschuldner. 5Die Kosten können im Verwaltungsvollstreckungsverfahren beigetrieben werden.


§ 3 Erlaubter Besitz von Cannabis



(1) Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, ist der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis, bei Blüten, blütennahen Blättern oder sonstigem Pflanzenmaterial der Cannabispflanze bezogen auf das Gewicht nach dem Trocknen, zum Eigenkonsum erlaubt.

(2) 1Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, ist abweichend von Absatz 1 im Geltungsbereich dieses Gesetzes an ihrem Wohnsitz oder an ihrem gewöhnlichen Aufenthalt der Besitz von Cannabis wie folgt erlaubt:

1.
von bis zu 50 Gramm Cannabis, bei Blüten, blütennahen Blättern oder sonstigem Pflanzenmaterial der Cannabispflanze bezogen auf das Gewicht nach dem Trocknen, und

2.
von bis zu drei lebenden Cannabispflanzen.

2In den Fällen des erlaubten Besitzes von Cannabis nach Satz 1 Nummer 1 und Absatz 1 darf die insgesamt besessene Menge 50 Gramm Cannabis, bei Blüten, blütennahen Blättern oder sonstigem Pflanzenmaterial der Cannabispflanze bezogen auf das Gewicht nach dem Trocknen, nicht übersteigen.

(3) Unbeschadet von Absatz 2 ist Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, ein über Absatz 1 hinausgehender Besitz von Cannabis nur erlaubt innerhalb des befriedeten Besitztums einer Anbauvereinigung mit einer Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 oder zum Zweck des Transports nach § 22 Absatz 3.


§ 4 Umgang mit Cannabissamen



(1) Der Umgang mit Cannabissamen ist erlaubt, sofern die Cannabissamen nicht zum unerlaubten Anbau bestimmt sind.

(2) Abweichend von Absatz 1 ist die Einfuhr von Cannabissamen zum Zweck des privaten Eigenanbaus von Cannabis nach § 9 oder des gemeinschaftlichen Eigenanbaus von Cannabis in Anbauvereinigungen nach Kapitel 4 nur aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union erlaubt.

(3) Die Bestimmungen zum Umgang mit Vermehrungsmaterial nach § 10 sowie Kapitel 4 bleiben von Absatz 1 unberührt.

(4) Cannabissamen, die entgegen Absatz 2 eingeführt worden sind oder eingeführt werden sollen, können sichergestellt werden; § 2 Absatz 6 gilt entsprechend.