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Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (Konsumcannabisgesetz - KCanG)


Kapitel 4 Gemeinschaftlicher Eigenanbau und kontrollierte Weitergabe von Cannabis und Vermehrungsmaterial in Anbauvereinigungen zum Eigenkonsum

Abschnitt 1 Erlaubnis für den gemeinschaftlichen Eigenanbau und die Weitergabe von Cannabis in Anbauvereinigungen

§ 11 Erlaubnispflicht



(1) Wer gemeinschaftlich Cannabis anbaut und zum Eigenkonsum an Mitglieder weitergibt, bedarf einer Erlaubnis der zuständigen Behörde.

(2) Die Erlaubnis darf ausschließlich Anbauvereinigungen erteilt werden.

(3) Die zuständige Behörde erteilt die Erlaubnis auf Antrag, wenn

1.
die vertretungsberechtigten Personen der Anbauvereinigung unbeschränkt geschäftsfähig sind und die für den Umgang mit Cannabis und Vermehrungsmaterial erforderliche Zuverlässigkeit besitzen,

2.
die Anbauvereinigung gewährleistet, dass Cannabis und Vermehrungsmaterial innerhalb ihres befriedeten Besitztums ausreichend gegen den Zugriff durch unbefugte Dritte, insbesondere Kinder und Jugendliche, geschützt ist, und

3.
die Anbauvereinigung die Einhaltung der sonstigen Vorgaben dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften für Anbauvereinigungen gewährleistet.

(4) Der Antrag auf Erlaubnis ist schriftlich oder elektronisch zu stellen und hat folgende Angaben und Nachweise in deutscher Sprache zu enthalten:

1.
Name, Telefonnummer und elektronische Kontaktdaten sowie Anschrift des Sitzes der Anbauvereinigung,

2.
zuständiges Registergericht und die Registernummer der Anbauvereinigung,

3.
Vorname, Name, Geburtsdatum, Anschrift und elektronische Kontaktdaten der Vorstandsmitglieder und der sonstigen vertretungsberechtigten Personen der Anbauvereinigung,

4.
Vorname, Name, Geburtsdatum, Anschrift und elektronische Kontaktdaten aller entgeltlich Beschäftigten der Anbauvereinigung, die Zugang zu Cannabis und Vermehrungsmaterial erhalten,

5.
ein höchstens drei Monate vor der Antragstellung auf Erlaubnis erteiltes Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde nach § 30 Absatz 5 des Bundeszentralregistergesetzes sowie eine höchstens drei Monate vor der Antragstellung auf Erlaubnis erteilte Auskunft aus dem Gewerbezentralregister nach § 150 Absatz 1 Satz 1 der Gewerbeordnung für jedes Vorstandsmitglied sowie für jede sonstige vertretungsberechtigte Person der Anbauvereinigung,

6.
die geschätzte zukünftige Zahl der Mitglieder der Anbauvereinigung,

7.
Lage oder voraussichtliche Lage des befriedeten Besitztums der Anbauvereinigung nach Ort, Straße und Hausnummer, gegebenenfalls Angabe der Flurbezeichnung, der Bezeichnung des Gebäudes und des Gebäudeteils,

8.
Größe oder voraussichtliche Größe der Anbauflächen und Gewächshäuser der Anbauvereinigung in Hektar oder Quadratmetern,

9.
die Mengen Cannabis in Gramm, getrennt nach Marihuana und Haschisch, die voraussichtlich pro Jahr angebaut und weitergegeben werden,

10.
Darlegung der getroffenen oder voraussichtlichen Sicherungs- und Schutzmaßnahmen gemäß § 22 Absatz 1,

11.
Vorname, Name, Geburtsdatum, Anschrift und elektronische Kontaktdaten des nach § 23 Absatz 4 Satz 2 ernannten Präventionsbeauftragten sowie Nachweis seiner nach § 23 Absatz 4 Satz 5 nachzuweisenden Beratungs- und Präventionskenntnisse,

12.
das nach § 23 Absatz 6 zu erstellende Gesundheits- und Jugendschutzkonzept.

(5) Die zuständige Behörde soll innerhalb von drei Monaten nach Eingang aller in Absatz 4 genannten Angaben und Nachweise über den Antrag auf Erlaubnis entscheiden.

(6) Anbauvereinigungen haben der zuständigen Behörde folgende nach Beantragung der Erlaubnis eingetretene Änderungen unverzüglich nach Kenntniserlangung, spätestens jedoch einen Monat nach Eintritt der Rechtskraft, mitzuteilen:

1.
Änderungen in Bezug auf die in Absatz 4 Nummer 1 bis 4 und 6 bis 12 genannten Angaben und Nachweise,

2.
rechtskräftige Verurteilungen eines Vorstandsmitglieds oder einer sonstigen vertretungsberechtigten Person der Anbauvereinigung wegen der in § 12 Absatz 2 Nummer 1 genannten Straftaten und

3.
Entscheidungen, Verzichte und Bußgeldentscheidungen, die in § 149 Absatz 2 Nummer 1 bis 3 der Gewerbeordnung genannt sind, gegen ein Vorstandsmitglied oder eine sonstige vertretungsberechtigte Person der Anbauvereinigung.

(7) Die Erlaubnis kann nicht an Dritte übertragen werden.


§ 12 Versagung der Erlaubnis



(1) 1Die Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 ist zu versagen, wenn

1.
ein Vorstandsmitglied oder eine sonstige vertretungsberechtigte Person der Anbauvereinigung nicht die für seine oder ihre Tätigkeit in der Anbauvereinigung erforderliche Zuverlässigkeit besitzt,

2.
ein Vorstandsmitglied oder eine sonstige vertretungsberechtigte Person der Anbauvereinigung geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist,

3.
die Anbauvereinigung keinen Präventionsbeauftragten nach § 23 Absatz 4 Satz 2 ernannt hat oder keinen Nachweis für dessen nach § 23 Absatz 4 Satz 5 nachzuweisenden Beratungs- und Präventionskenntnisse vorgelegt hat,

4.
die Anbauvereinigung das nach § 23 Absatz 6 zu erstellende Gesundheits- und Jugendschutzkonzept nicht vorgelegt hat,

5.
in der Satzung der Anbauvereinigung

a)
als Zweck der Anbauvereinigung nicht ausschließlich der gemeinschaftliche Eigenanbau und die Weitergabe des in gemeinschaftlichem Eigenanbau angebauten Cannabis durch und an ihre Mitglieder zum Eigenkonsum, die Information von Mitgliedern über cannabisspezifische Suchtprävention und -beratung sowie die Weitergabe von beim gemeinschaftlichen Eigenanbau gewonnenem Vermehrungsmaterial für den privaten Eigenanbau an ihre Mitglieder, an sonstige Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, oder an andere Anbauvereinigungen vorgesehen ist,

b)
keine Mindestdauer der Mitgliedschaft von drei Monaten vorgesehen ist,

c)
nicht vorgesehen ist, dass Mitglieder das 18. Lebensjahr vollendet und einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben müssen,

d)
nicht vorgesehen ist, dass der Erwerb und die Fortdauer der Mitgliedschaft an einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland geknüpft werden, oder

e)
bei Genossenschaften nicht vorgesehen ist, dass der Gewinn nicht an die Mitglieder verteilt, sondern der gesetzlichen Rücklage und anderen Ergebnisrücklagen zugeschrieben wird,

6.
das befriedete Besitztum der Anbauvereinigung für den gemeinschaftlichen Eigenanbau und die Weitergabe des in gemeinschaftlichem Eigenanbau angebauten Cannabis zum Eigenkonsum durch und an ihre Mitglieder nicht geeignet ist, weil es in einem Bereich von 200 Metern um den Eingangsbereich von Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen oder Kinderspielplätzen liegt, nicht nach § 22 Absatz 1 Satz 2 gesichert ist oder nicht nach § 23 Absatz 3 gegen eine Einsicht von außen geschützt ist,

7.
das befriedete Besitztum der Anbauvereinigung sich vollständig oder teilweise innerhalb einer privaten Wohnung befindet oder

8.
das befriedete Besitztum der Anbauvereinigung sich vollständig oder teilweise innerhalb eines militärischen Bereiches befindet.

2Hat die Anbauvereinigung mit dem Antrag auf Erteilung der Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 keinen Nachweis der nach § 23 Absatz 4 Satz 5 nachzuweisenden Beratungs- und Präventionskenntnisse des von ihr nach § 23 Absatz 4 Satz 2 ernannten Präventionsbeauftragten vorgelegt, kann die zuständige Behörde abweichend von Satz 1 Nummer 3 die Erlaubnis unter der Bedingung erteilen, dass die Beratungs- und Präventionskenntnisse des Präventionsbeauftragten innerhalb einer Frist von mindestens drei Monaten nachzuweisen sind.

(2) Ein Vorstandsmitglied oder eine sonstige vertretungsberechtigte Person der Anbauvereinigung besitzt die nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erforderliche Zuverlässigkeit insbesondere nicht, wenn

1.
die betreffende Person wegen eines Verbrechens oder eines der folgenden Vergehen, das sie in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung begangen hat, rechtskräftig verurteilt worden ist:

a)
ein Vergehen nach den §§ 181a, 232 Absatz 1, 2, 3 Satz 1 oder Absatz 4, § 232a Absatz 1, 2 oder Absatz 6, § 232b Absatz 1 oder Absatz 2, § 233a Absatz 1 oder Absatz 2, den §§ 243, 244 Absatz 1 oder Absatz 2, § 246 Absatz 2 oder Absatz 3, den §§ 253, 257 bis 260, 261, 263 Absatz 1, 2 oder Absatz 3, den §§ 263a und 264 Absatz 1, 2 oder Absatz 4, den §§ 264a, 265b bis 266a, 267 Absatz 1, 2 oder Absatz 3, den §§ 268 bis 281, 298 bis 300, 315a Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2, § 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder Absatz 2, den §§ 316, 323a, 331, 332 Absatz 1 oder Absatz 3 oder den §§ 333 bis 335 des Strafgesetzbuches,

b)
ein Vergehen nach § 27 des Jugendschutzgesetzes oder nach § 58 Absatz 5 oder Absatz 6 des Jugendarbeitsschutzgesetzes,

c)
ein Vergehen nach § 370 oder den §§ 372 bis 374 der Abgabenordnung,

d)
ein Vergehen nach § 4 Absatz 1, 2 oder Absatz 3 des Anti-Doping-Gesetzes,

e)
ein Vergehen nach § 1 oder § 2 des EU-Finanzschutzstärkungsgesetzes,

f)
ein Vergehen nach dem Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz,

g)
ein Vergehen nach diesem Gesetz oder

h)
ein Vergehen nach dem Betäubungsmittelgesetz oder dem Arzneimittelgesetz mit Ausnahme von Straftaten, die nach diesem Gesetz oder dem Medizinal-Cannabisgesetz straffrei sind, oder

2.
konkrete Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie

a)
dem missbräuchlichen Konsum von Cannabis durch andere Personen Vorschub leistet oder leisten wird oder

b)
sich nicht an die in den §§ 2, 5, 6, 19 bis 23 oder 25 geregelten Verbote, die in den §§ 17 bis 23, 25 oder 26 geregelten Gebote oder die in den §§ 3, 16, 17 oder 19 bis 22 geregelten Anforderungen halten wird.

(3) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn konkrete Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass ein Vorstandsmitglied oder eine sonstige vertretungsberechtigte Person der Anbauvereinigung sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht an die in den §§ 2, 5, 6, 19 bis 23 oder 25 geregelten Verbote, die in den §§ 17 bis 23, 25 oder 26 geregelten Gebote oder die in den §§ 3, 16, 17 oder 19 bis 22 geregelten Anforderungen halten wird.

(4) Die zuständige Behörde kann von der Anbauvereinigung Auskünfte, die Vorlage von Unterlagen und den Zutritt zum befriedeten Besitztum der Anbauvereinigung außerhalb einer Wohnung zu den üblichen Öffnungszeiten verlangen, um das Vorliegen der Erlaubnisvoraussetzungen nach § 11 Absatz 3 sowie mögliche Versagungsgründe nach Absatz 1 Satz 1 zu prüfen.


§ 13 Inhalt der Erlaubnis



(1) Die Erlaubnis umfasst den gemeinschaftlichen Eigenanbau und die Weitergabe des in gemeinschaftlichem Eigenanbau angebauten Cannabis durch und an Mitglieder der Anbauvereinigung zum Eigenkonsum gemäß den Vorgaben dieses Kapitels.

(2) 1Die Erlaubnis muss das befriedete Besitztum der Anbauvereinigung eindeutig bezeichnen. 2Sie darf sich nur auf Tätigkeiten innerhalb des befriedeten Besitztums der Anbauvereinigung erstrecken.

(3) 1Die Erlaubnis ist auf die jährlichen Eigenanbau- und Weitergabemengen an Cannabis zu begrenzen, die für die Deckung des Eigenbedarfs der Mitglieder der Anbauvereinigung für den Eigenkonsum voraussichtlich erforderlich sind. 2Die zuständige Behörde hat die Erlaubnis in Bezug auf die jährlichen Eigenanbau- und Weitergabemengen an Cannabis nachträglich anzupassen, wenn die Anbauvereinigung aufgrund veränderter Mitgliederzahlen nachweist, dass sich die für die Deckung des Eigenbedarfs nötige jährliche Eigenanbau- und Weitergabemenge verändert hat.

(4) Die zuständige Behörde kann die Erlaubnis bei ihrer Erteilung oder nachträglich mit Bedingungen und Auflagen versehen, um die Erfüllung der nach diesem Gesetz für die Erteilung der Erlaubnis festgelegten Voraussetzungen sicherzustellen.