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Unterabschnitt 5 - Zollfahndungsdienstgesetz (ZFdG)

Artikel 1 G. v. 30.03.2021 BGBl. I S. 402 (Nr. 13); zuletzt geändert durch Artikel 7 G. v. 19.12.2022 BGBl. I S. 2632
Geltung ab 02.04.2021; FNA: 602-4 Zollverwaltung
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Kapitel 3 Befugnisse

Abschnitt 2 Befugnisse der Behörden des Zollfahndungsdienstes bei der Verhütung und Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten sowie im Rahmen von Sicherungs- und Schutzmaßnahmen

Unterabschnitt 5 Sicherungs- und Schutzmaßnahmen

§ 53 Sicherungs- und Schutzmaßnahmen



(1) Die Behörden des Zollfahndungsdienstes können zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 7 Absatz 1 die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr

1.
für Leib, Leben, Gesundheit oder Freiheit der Willensentschließung und -betätigung eingesetzter Bediensteter oder zu schützender Dritter sowie

2.
für wesentliche Vermögenswerte

abzuwehren, soweit nicht in diesem Unterabschnitt die Befugnisse der Behörden des Zollfahndungsdienstes besonders geregelt sind.

(2) 1Die §§ 15 bis 20 Absatz 1 des Bundespolizeigesetzes gelten entsprechend. 2Kosten, die den Behörden des Zollfahndungsdienstes durch die unmittelbare Ausführung einer Maßnahme oder die Sicherstellung und Verwahrung entstehen, sind vom Verantwortlichen zu tragen. 3Mehrere Verantwortliche haften als Gesamtschuldner. 4Die Kosten können im Verwaltungsvollstreckungsverfahren beigetrieben werden.

(3) 1Behörden und sonstige öffentliche Stellen dürfen an die Behörden des Zollfahndungsdienstes personenbezogene Daten übermitteln, wenn tatsächliche Anhaltspunkte bestehen, dass die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben in Bezug auf Sicherungs- und Schutzmaßnahmen der Behörden des Zollfahndungsdienstes erforderlich ist. 2Eine Übermittlungspflicht besteht, wenn die Daten zur Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit erforderlich sind. 3Die Verantwortung für die Zulässigkeit der Übermittlung trägt die übermittelnde Stelle. 4Erfolgt die Übermittlung auf Ersuchen der Behörden des Zollfahndungsdienstes, tragen diese die Verantwortung.


§ 54 Identitätsfeststellung



(1) Die Behörden des Zollfahndungsdienstes können unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 1 die Identität einer Person feststellen, wenn

1.
sich diese in unmittelbarer Nähe zu schützender Personen oder zu sichernder Bediensteter aufhält und

2.
die Feststellung der Identität aufgrund der Gefährdungslage oder aufgrund von auf die Person bezogenen Anhaltspunkten erforderlich ist.

(2) 1Die Behörden des Zollfahndungsdienstes können zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. 2Sie können den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, dass er Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. 3Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn seine Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. 4Unter den Voraussetzungen des Satzes 3 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen nach Gegenständen, die der Identitätsfeststellung dienen, durchsucht werden.


§ 55 Prüfung von mitzuführenden Dokumenten



Die Behörden des Zollfahndungsdienstes können unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 1 verlangen, dass Berechtigungsscheine, Bescheinigungen, Nachweise oder sonstige Urkunden zur Prüfung ausgehändigt werden, soweit

1.
es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist und

2.
die betroffene Person aufgrund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diese Urkunden mitzuführen.


§ 56 Durchsuchung von Personen und Sachen



(1) Die Behörden des Zollfahndungsdienstes können unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 1 eine Person oder eine Sache durchsuchen, wenn

1.
sich die Person in unmittelbarer Nähe zu schützender Personen, zu sichernder Bediensteter oder zu schützender Vermögenswerte aufhält oder die Sache sich in unmittelbarer Nähe zu schützender Personen, zu sichernder Bediensteter oder zu schützender Vermögenswerte befindet und

2.
die Durchsuchung aufgrund der Gefährdungslage oder aufgrund von auf die Person oder Sache bezogenen Anhaltspunkten erforderlich ist.

(2) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder von Ärztinnen oder Ärzten durchsucht werden; dies gilt nicht, wenn eine sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(3) Personen dürfen festgehalten und zur Dienststelle mitgenommen werden, wenn die Durchsuchung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten durchgeführt werden kann.

(4) 1Bei der Durchsuchung einer Sache hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. 2Ist er abwesend, soll sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. 3Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.


§ 57 Erkennungsdienstliche Maßnahmen zur Identitätsfeststellung



Die Behörden des Zollfahndungsdienstes können unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 1 erkennungsdienstliche Maßnahmen im Sinne des § 24 Absatz 3 des Bundespolizeigesetzes vornehmen, wenn eine nach § 54 zulässige Identitätsfeststellung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich ist.


§ 58 Platzverweisung



Die Behörden des Zollfahndungsdienstes können unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 1 eine Person vorübergehend von einem Ort verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes verbieten, soweit dies aufgrund der Gefährdungslage oder aufgrund von auf die Person bezogenen Anhaltspunkten erforderlich ist.


§ 59 Sicherstellung



1Die Behörden des Zollfahndungsdienstes können unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 1 Sachen zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für zu schützende Personen, zu sichernde Bedienstete oder zu schützende Vermögenswerte sicherstellen. 2Die §§ 41, 42 Absatz 4 und § 43 gelten entsprechend.


§ 60 Betreten und Durchsuchen von Wohnungen



(1) 1Die Behörden des Zollfahndungsdienstes können unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 1 eine Wohnung ohne Einwilligung des Inhabers betreten und durchsuchen, soweit

1.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich in ihr eine Person befindet, die nach § 61 in Gewahrsam genommen werden darf,

2.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich in ihr eine Sache befindet, die nach § 59 sichergestellt werden darf, oder

3.
dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit zu schützender Personen oder zu sichernder Bediensteter oder für zu schützende wesentliche Vermögenswerte unerlässlich ist.

2Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.

(2) 1Das Betreten und Durchsuchen einer Wohnung ist auch während der Nachtzeit zulässig, soweit dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für Sachen von bedeutendem Wert erforderlich ist. 2Die Nachtzeit umfasst die Stunden von 21 bis 6 Uhr.

(3) 1Durchsuchungen dürfen, außer bei Gefahr im Verzug, nur durch den Richter angeordnet werden. 2Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Wohnung liegt. 3Für das Verfahren gelten die Bestimmungen des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(4) 1Bei der Durchsuchung einer Wohnung hat der Wohnungsinhaber das Recht, anwesend zu sein. 2Ist er abwesend, ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen.

(5) Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist der Grund der Durchsuchung unverzüglich bekanntzugeben, soweit dadurch der Zweck der Maßnahmen nicht gefährdet wird.

(6) 1Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. 2Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung enthalten. 3Die Niederschrift ist von einem durchsuchenden Beamten und dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person zu unterzeichnen. 4Wird die Unterschrift verweigert, so ist hierüber ein Vermerk aufzunehmen. 5Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen.

(7) Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde dies den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.


§ 61 Gewahrsam



(1) Die Behörden des Zollfahndungsdienstes können unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 1 eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn dies unerlässlich ist,

1.
um die unmittelbar bevorstehende Begehung einer Straftat gegen zu schützende Personen, zu sichernde Bedienstete oder zu schützende Vermögenswerte zu verhindern oder

2.
um eine Platzverweisung nach § 58 durchzusetzen.



§ 62 Besondere Mittel der Datenerhebung



(1) 1Die Behörden des Zollfahndungsdienstes können unbeschadet der Absätze 2 bis 6 unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 1 verdeckte Maßnahmen in entsprechender Anwendung des § 47 Absatz 2 Nummer 1 und 2 vornehmen, soweit dies zur Abwehr einer im Einzelfall bestehenden Gefahr für Leib, Leben, Gesundheit oder Freiheit der Willensentschließung und -betätigung eingesetzter Bediensteter oder zu schützender Dritter oder zur Abwehr einer im Einzelfall bestehenden Gefahr für wesentliche Vermögenswerte unerlässlich ist. 2Die §§ 48 und 49 gelten entsprechend.

(2) Werden die Behörden des Zollfahndungsdienstes im Rahmen ihrer Befugnisse zur Verhütung und Verfolgung von Straftaten sowie zur Aufdeckung unbekannter Straftaten tätig, dürfen ohne Wissen der betroffenen Personen im Beisein oder in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Einsatz der von den Behörden beauftragten Personen technische Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen sowie zum Abhören und Aufzeichnen des nichtöffentlich gesprochenen Wortes innerhalb und außerhalb von Wohnungen nur verwendet werden, soweit dies zur Abwehr von Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit der beauftragten Personen unerlässlich ist.

(3) 1Ergeben sich während der Durchführung der Maßnahme tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kernbereich privater Lebensgestaltung betroffen ist, ist die Maßnahme zu unterbrechen, sobald dies ohne Gefährdung der beauftragten Person möglich ist. 2Wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme vorliegen, dass durch eine Maßnahme allein Kenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erlangt würden, ist die Maßnahme unzulässig. 3Aufzeichnungen über Vorgänge, die den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen, sind unverzüglich zu löschen. 4Erkenntnisse über solche Vorgänge dürfen nicht verwertet werden. 5Die Tatsache der Erfassung der Daten und ihrer Löschung sind zu dokumentieren. 6Die Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle nach § 84 verwendet werden. 7Sie ist sechs Monate nach der Benachrichtigung nach § 93 oder sechs Monate nach Erteilung der gerichtlichen Zustimmung über das endgültige Absehen von der Benachrichtigung nach § 93 Absatz 3 zu löschen. 8Ist die Datenschutzkontrolle nach § 84 nicht beendet, ist die Dokumentation bis zu ihrem Abschluss aufzubewahren.

(4) 1Maßnahmen nach Absatz 2 werden durch die Leitung der Behörde des Zollfahndungsdienstes oder ihre Vertretung angeordnet. 2Bei Gefahr im Verzug dürfen Maßnahmen nach Absatz 2 auch durch einen von ihr beauftragten Beamten des höheren Dienstes angeordnet werden.

(5) 1Personenbezogene Daten, die durch den Einsatz technischer Mittel zur Eigensicherung erlangt werden, dürfen außer für den in Absatz 2 genannten Zweck nur zur Gefahrenabwehr verwendet werden. 2Wurden die personenbezogenen Daten in oder aus einer Wohnung erlangt, so ist die Verwendung für die in Satz 1 genannten Zwecke nur zulässig nach Feststellung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme durch das Gericht; bei Gefahr im Verzug ist die gerichtliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen (Artikel 13 Absatz 5 des Grundgesetzes). 3In Fällen des Satzes 2 gilt § 50 Absatz 1 entsprechend. 4Die Zulässigkeit der Verwendung dieser Daten für Zwecke der Strafverfolgung richtet sich nach der Strafprozessordnung.

(6) Nach Abschluss der Maßnahmen sind die nach Absatz 2 hergestellten Aufzeichnungen unverzüglich zu löschen, es sei denn, sie werden für die in Absatz 5 genannten Zwecke noch benötigt.