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Gesetz zur Ausführung von Artikel 115 des Grundgesetzes (Artikel 115-Gesetz - G 115)

Artikel 2 G. v. 10.08.2009 BGBl. I S. 2702, 2704 (Nr. 53); zuletzt geändert durch Artikel 1 G. v. 30.09.2025 BGBl. 2025 I Nr. 231
Geltung ab 18.08.2009; FNA: 63-21 Bundeshaushalt
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§ 1 Kreditermächtigungen



1Das Haushaltsgesetz bestimmt, bis zu welcher Höhe das Bundesministerium der Finanzen Kredite aufnehmen darf

1.
zur Deckung von Ausgaben,

2.
zur Aufrechterhaltung einer ordnungsmäßigen Kassenwirtschaft (Kassenverstärkungskredite).

2Soweit diese Kassenverstärkungskredite zurückgezahlt sind, kann die Ermächtigung wiederholt in Anspruch genommen werden. 3Kassenverstärkungskredite dürfen nicht später als sechs Monate nach Ablauf des Haushaltsjahres, für das sie aufgenommen worden sind, fällig werden.


§ 1a Bereichsausnahme



(1) 1Ausgaben der Bereichsausnahme sind die Verteidigungsausgaben, die Ausgaben des Bundes für den Zivil- und Bevölkerungsschutz sowie für die Nachrichtendienste, für den Schutz der informationstechnischen Systeme und für die Hilfe für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten, soweit es sich bei diesen Ausgaben nicht um finanzielle Transaktionen gemäß § 3 handelt. 2Die nähere Bestimmung der von Satz 1 umfassten Ausgaben erfolgt im Haushaltsgesetz.

(2) 1Von den Einnahmen aus Krediten zur Deckung von Ausgaben ist für die Zwecke dieses Gesetzes der Betrag abzuziehen, um den die Ausgaben der Bereichsausnahme 1 Prozent im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt übersteigen. 2Maßgeblich ist das nominale Bruttoinlandsprodukt gemäß § 4.

(3) Von Absatz 1 nicht umfasste Ausgaben sind Ausgaben außerhalb der Bereichsausnahme.




§ 2 Grundsätze für die Veranschlagung von Kreditaufnahmen zur Deckung von Ausgaben



(1) 1Einnahmen und Ausgaben sind bei der Veranschlagung in einer konjunkturellen Normallage grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen; Einnahmen und Ausgaben sind um finanzielle Transaktionen zu bereinigen. 2Eine Kreditaufnahme von bis zu 0,35 Prozent im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt ist als Strukturkomponente zulässig.

(2) Wird für das Haushaltsjahr eine von der Normallage abweichende wirtschaftliche Entwicklung erwartet, verändert sich die Höchstgrenze der zu veranschlagenden Einnahmen aus Krediten nach Absatz 1 als Konjunkturkomponente um diejenigen Einnahmen aus Krediten oder um die Haushaltsüberschüsse, die der erwarteten Wirkung der konjunkturellen Entwicklung auf den Haushalt entsprechen.


§ 3 Bereinigung um finanzielle Transaktionen



Aus den Ausgaben nach § 2 Absatz 1 Satz 1 erster Halbsatz sind die Ausgaben für den Erwerb von Beteiligungen, für Tilgungen an den öffentlichen Bereich und für die Darlehensvergabe herauszurechnen, aus den Einnahmen nach § 2 Absatz 1 Satz 1 erster Halbsatz diejenigen aus der Veräußerung von Beteiligungen, aus der Kreditaufnahme beim öffentlichen Bereich sowie aus Darlehensrückflüssen.




§ 4 Grundlagen zur Bestimmung einer zulässigen strukturellen Kreditaufnahme



1Das zur Bestimmung der zulässigen strukturellen Kreditaufnahme nach § 2 Absatz 1 Satz 2 maßgebliche Bruttoinlandsprodukt wird durch das Statistische Bundesamt ermittelt. 2Zugrunde zu legen ist das nominale Bruttoinlandsprodukt des der Aufstellung des Haushalts vorangegangenen Jahres.


§ 5 Konjunkturkomponente



(1) Die Höhe der zu veranschlagenden konjunkturell bedingten Einnahmen aus Krediten oder der Haushaltsüberschüsse nach § 2 Absatz 2 wird aus der Abweichung der erwarteten wirtschaftlichen Entwicklung von der konjunkturellen Normallage abgeleitet.

(2) 1Eine Abweichung der wirtschaftlichen Entwicklung von der konjunkturellen Normallage liegt vor, wenn eine Unter- oder Überauslastung der gesamtwirtschaftlichen Produktionskapazitäten erwartet wird (Produktionslücke). 2Dies ist der Fall, wenn das auf der Grundlage eines Konjunkturbereinigungsverfahrens zu schätzende Produktionspotenzial vom erwarteten Bruttoinlandsprodukt für das Haushaltsjahr, für das der Haushalt aufgestellt wird, abweicht.

(3) Die Konjunkturkomponente ergibt sich als Produkt aus der Produktionslücke und der Budgetsensitivität, die angibt, wie sich die Einnahmen und Ausgaben des Bundes bei einer Veränderung der gesamtwirtschaftlichen Aktivität verändern.

(4) 1Das Bundesministerium der Finanzen legt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die Einzelheiten des Verfahrens zur Bestimmung der Konjunkturkomponente in Übereinstimmung mit dem im Rahmen des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes angewandten Konjunkturbereinigungsverfahren durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates fest. 2Das Verfahren ist regelmäßig unter Berücksichtigung des Standes der Wissenschaft zu überprüfen und fortzuentwickeln.




§ 6 Ausnahmesituationen



1Im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, können die Kreditgrenzen nach § 2 aufgrund eines Beschlusses des Bundestages nach Artikel 115 Absatz 2 Satz 7 des Grundgesetzes überschritten werden. 2Dieser Beschluss ist mit einem Tilgungsplan zu verbinden. 3Die Rückführung der nach Satz 1 aufgenommenen Kredite hat binnen eines angemessenen Zeitraumes zu erfolgen.




§ 7 Kontrollkonto



(1) 1Weicht die tatsächliche Kreditaufnahme von dem Betrag ab, der sich nach Abschluss des betreffenden Haushaltsjahres auf der Grundlage der tatsächlichen Wirkung der konjunkturellen Entwicklung auf den Haushalt nach § 2 als Obergrenze ergibt, wird diese Abweichung auf einem Verrechnungskonto (Kontrollkonto) verbucht. 2Für die Berechnung des Abzugs von den zu berücksichtigenden Einnahmen aus Krediten aufgrund der Bereichsausnahme nach § 1a sind die im Haushaltsjahr tatsächlich geleisteten Ausgaben maßgeblich. 3Soweit von der Ausnahmeregelung des Artikels 115 Absatz 2 Satz 7 des Grundgesetzes Gebrauch gemacht worden ist, ist der zu verbuchende Betrag um die aufgrund des entsprechenden Beschlusses erhöhte Nettokreditaufnahme zu bereinigen. 4Die zu verbuchende Abweichung wird jährlich zum 1. März des dem Haushaltsjahr folgenden Jahres festgestellt und im weiteren Jahresverlauf aktualisiert, abschließend zum 1. September des dem Haushaltsjahr folgenden Jahres.

(2) 1Bei negativem Saldo ist auf einen Ausgleich des Kontrollkontos hinzuwirken. 2Der negative Saldo des Kontrollkontos soll einen Schwellenwert von 1,5 Prozent im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt nicht überschreiten. 3Das maßgebliche Bruttoinlandsprodukt bestimmt sich nach § 4.

(3) Ist der Saldo des Kontrollkontos negativ und überschreitet der Betrag des Saldos 1 Prozent im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt, verringert sich die Kreditermächtigung nach § 2 Absatz 1 Satz 2 jeweils im nächsten Jahr um den überschießenden Betrag, höchstens aber um 0,35 Prozent im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt; die Verringerung wird nur wirksam in Jahren mit positiver Veränderung der Produktionslücke.




§ 8 Abweichungsrechte bei Nachträgen zum Haushaltsgesetz und zum Haushaltsplan



1Bei Nachträgen zum Haushaltsgesetz und zum Haushaltsplan kann die nach § 2 Absatz 1 Satz 2 ermittelte zulässige Kreditaufnahme bis zu einem Betrag in Höhe von 3 Prozent der veranschlagten Steuereinnahmen überschritten werden. 2In diesem Nachtrag dürfen keine neuen Maßnahmen veranschlagt werden, die zu Mehrausgaben oder zu Mindereinnahmen führen. 3Zur Ermittlung der Konjunkturkomponente wird ausschließlich die erwartete wirtschaftliche Entwicklung aktualisiert. 4Die Regelungen des § 7 bleiben unberührt.


§ 9 (aufgehoben)