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Unterabschnitt 2 - Kohlendioxid-Speicherungsgesetz (KSpG)

Artikel 1 G. v. 17.08.2012 BGBl. I S. 1726 (Nr. 38); zuletzt geändert durch Artikel 22 G. v. 10.08.2021 BGBl. I S. 3436
Geltung ab 24.08.2012; FNA: 2129-57 Umweltschutz
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Kapitel 3 Dauerhafte Speicherung

Abschnitt 2 Genehmigung und Betrieb

Unterabschnitt 2 Errichtung und Betrieb

§ 11 Planfeststellung für Errichtung und Betrieb eines Kohlendioxidspeichers



(1) Errichtung, Betrieb und wesentliche Änderung eines Kohlendioxidspeichers bedürfen der vorherigen Planfeststellung durch die zuständige Behörde. Die Öffentlichkeit ist möglichst vor Antragstellung über das planfeststellungspflichtige Vorhaben, insbesondere über die Lage und die Größe des Kohlendioxidspeichers sowie die Technologie der Kohlendioxidspeicherung, zu informieren. Dabei ist der Öffentlichkeit Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben. Die zuständige Behörde wirkt darauf hin, dass der zukünftige Antragsteller erforderlichenfalls ein Verfahren des öffentlichen Dialogs und der Streitschlichtung durchführt. Die Länder können die näheren Anforderungen an das Verfahren nach den Sätzen 2 bis 4 bestimmen.

(2) An Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses kann eine Plangenehmigung nach § 74 Absatz 6 des Verwaltungsverfahrensgesetzes erteilt werden, wenn

1.
eine wesentliche Änderung eines Kohlendioxidspeichers beantragt wird,

2.
Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden oder die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben,

3.
mit den Trägern öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt wird, das Benehmen hergestellt worden ist und

4.
keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht.

(3) Die Speicherung von Kohlendioxid außerhalb eines zugelassenen Kohlendioxidspeichers und in der Wassersäule ist unzulässig.


§ 12 Antrag auf Planfeststellung



(1) Der Antrag auf Planfeststellung oder Plangenehmigung muss enthalten:

1.
den Namen und den Wohnsitz oder Sitz des Antragstellers,

2.
den Nachweis der Fachkunde des Antragstellers, bei juristischen Personen oder rechtsfähigen Personengesellschaften der nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung berechtigten Person, oder der für die Errichtung, Leitung und Beaufsichtigung der Anlage verantwortlichen Personen,

3.
der Nachweis der erforderlichen finanziellen Leistungsfähigkeit und der erforderlichen Zuverlässigkeit des Antragstellers,

4.
die Angabe, ob die Errichtung und der Betrieb beantragt werden oder ob eine wesentliche Änderung beantragt wird,

5.
die genaue Lage und Bezeichnung des Kohlendioxidspeichers und des Speicherkomplexes und die genaue Eintragung in Karten mit geeignetem Maßstab,

6.
die Beschreibung der Anlage sowie der zu verwendenden Technologien,

7.
Angaben über die jährlich und insgesamt zu speichernde Menge an Kohlendioxid, dessen voraussichtliche Herkunft und Zusammensetzung sowie Injektionsraten, Injektionsdruck und maximalen Reservoirdruck,

8.
Angaben über die zu erwartende Druckentwicklung im Speicherkomplex, die Lösung und die Freisetzung von Stoffen und die Verdrängung von Formationswässern während und nach der Injektion,

9.
die Angabe, zu welchem Zeitpunkt die Anlage in Betrieb genommen werden soll.

(2) Der Antragsteller hat dem Antrag auf Planfeststellung oder Plangenehmigung die zu dessen Prüfung erforderlichen Unterlagen beizufügen, insbesondere

1.
den Sicherheitsnachweis (§ 19),

2.
das Überwachungskonzept (§ 20),

3.
das vorläufige Stilllegungs- und Nachsorgekonzept (§ 17 Absatz 2) sowie

4.
die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlichen Unterlagen.

(3) Im Fall einer wesentlichen Änderung muss der Antrag die Angaben nach Absatz 1 und die Unterlagen nach Absatz 2 enthalten, soweit diese Angaben und Unterlagen für die Entscheidung nach § 11 erforderlich sind.

(4) Der Antrag des Inhabers einer Untersuchungsgenehmigung nach § 7 genießt Vorrang gegenüber allen weiteren Anträgen auf Planfeststellung für die Errichtung und den Betrieb eines Kohlendioxidspeichers in denselben Gesteinsschichten.




§ 13 Planfeststellung



(1) 1Der Plan darf nur festgestellt oder die Plangenehmigung nur erteilt werden, wenn

1.
sichergestellt ist, dass unter Berücksichtigung der Standortgebundenheit die Errichtung und der Betrieb des geplanten Kohlendioxidspeichers das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigen und überwiegende private Belange nicht entgegenstehen,

2.
die Langzeitsicherheit des Kohlendioxidspeichers gewährleistet ist,

3.
Gefahren für Mensch und Umwelt im Übrigen nicht hervorgerufen werden können,

4.
die erforderliche Vorsorge gegen Beeinträchtigungen von Mensch und Umwelt getroffen wird, insbesondere durch Verhinderung von erheblichen Unregelmäßigkeiten; die erforderliche Vorsorge für Kohlendioxidspeicher nach § 2 Absatz 2 bestimmt sich nach dem Stand von Wissenschaft und Technik,

5.
die nach § 12 Absatz 2 einzureichenden Unterlagen den Anforderungen dieses Gesetzes und den auf Grundlage dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen entsprechen,

6.
der Antragsteller sicherstellen kann, dass der Kohlendioxidstrom den Anforderungen des § 24 entspricht,

7.
der Antragsteller die von der zuständigen Behörde für das erste Betriebsjahr festgesetzte Deckungsvorsorge nach § 30 Absatz 2 getroffen hat und

8.
sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen.

2Die sich aus § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 3 bis 7 ergebenden Voraussetzungen gelten entsprechend. 3Bei der Planfeststellung und der Plangenehmigung sind Ziele der Raumordnung zu beachten sowie Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung zu berücksichtigen. 4Bei der Entscheidung sind im Rahmen der Genehmigungsvoraussetzungen und der Abwägung die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 25 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge zu berücksichtigen. 5Auf die Belange der Land- und Forstwirtschaft ist Rücksicht zu nehmen.

(2) Der Planfeststellungsbeschluss oder die Plangenehmigung muss insbesondere enthalten:

1.
den Namen und den Wohnsitz oder Sitz des Antragstellers,

2.
die genaue Lage und Ausdehnung des Kohlendioxidspeichers, des Speicherkomplexes sowie der betroffenen hydraulischen Einheiten,

3.
die genaue Beschreibung der Anlagen und der zu verwendenden Technologien,

4.
die Festlegung der jährlichen Höchstmenge, der Gesamtmenge und der zulässigen Zusammensetzung des zu speichernden Kohlendioxids sowie der maximalen Injektionsraten und des maximalen Injektionsdrucks,

5.
die Festlegung von Maßnahmen zur Verhütung von Leckagen und erheblichen Unregelmäßigkeiten, insbesondere unter Berücksichtigung von Risiken durch gelöste Stoffe und durch die Verdrängung von Formationswässern.

(3) 1Der Planfeststellungsbeschluss oder die Plangenehmigung kann mit Befristungen, Bedingungen, einem Vorbehalt des Widerrufs oder Auflagen versehen werden. 2Zur Erfüllung der Vorschriften dieses Gesetzes oder der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ist bis zur Übertragung der Verantwortung nach § 31 die Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(4) 1Die zuständige Behörde übermittelt eine Abschrift der vollständigen Antragsunterlagen, weitere entscheidungserhebliche Daten und den Entwurf des Planfeststellungsbeschlusses über die zuständigen Stellen in der Bundesregierung an die Kommission. 2Die Abschrift der vollständigen Antragsunterlagen ist innerhalb eines Monats nach deren Eingang bei der zuständigen Behörde an die Kommission zu übermitteln. 3Eine Stellungnahme der Kommission ist in der endgültigen Entscheidung zu berücksichtigen, wenn sie innerhalb von vier Monaten nach Übermittlung des Entwurfs des Planfeststellungsbeschlusses eingeht. 4Die zuständige Behörde übermittelt den zuständigen Stellen in der Bundesregierung über die dafür nach Landesrecht zuständige Behörde den Planfeststellungsbeschluss sowie Begründungen für etwaige Abweichungen von der Stellungsnahme der Kommission zur Weiterleitung an die Kommission.

(5) Das Verfahren zur Planfeststellung oder Plangenehmigung für ein Vorhaben, dessen Auswirkungen über das Gebiet eines Landes hinausgehen, ist zwischen den zuständigen Behörden der beteiligten Länder abzustimmen.




§ 14 Duldungspflicht



Der Grundstückseigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte haben nach Maßgabe des § 75 Absatz 2 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes die mit der dauerhaften Speicherung verbundenen Einwirkungen zu dulden, soweit diese ausschließlich den Erdkörper unter der Oberfläche des Grundstücks betreffen. § 905 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bleibt unberührt. Der Grundstückseigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte haften nicht für nachteilige Wirkungen, die durch eine von ihnen nach Satz 1 zu duldende Speicherung verursacht werden.


§ 15 Enteignungsrechtliche Vorwirkung



(1) Dienen die Errichtung und der Betrieb des Kohlendioxidspeichers dem Wohl der Allgemeinheit, ist die Enteignung zulässig, soweit sie zur Durchführung des Vorhabens notwendig ist und der Enteignungszweck unter Beachtung der Standortgebundenheit des Vorhabens auf andere zumutbare Weise, insbesondere an anderer Stelle, nicht erreicht werden kann. Das Vorhaben dient dem Wohl der Allgemeinheit, wenn es für die Demonstration der dauerhaften Speicherung in Deutschland erforderlich ist und zum Zwecke des Klimaschutzes die Emission von Kohlendioxid in Deutschland dauerhaft vermindert wird.

(2) Eine Enteignung setzt voraus, dass sich der Antragsteller ernsthaft und zu angemessenen Bedingungen um den freihändigen Erwerb der Rechte am Grundstück oder die Vereinbarung eines Nutzungsverhältnisses vergeblich bemüht hat. Die Enteignung darf den zur Verwirklichung des Enteignungszweckes erforderlichen Umfang nicht überschreiten. Soll ein Grundstück oder ein räumlich oder wirtschaftlich zusammenhängender Grundbesitz nur zu einem Teil enteignet werden, kann der Eigentümer die Ausdehnung der Enteignung auf das Restgrundstück oder den Restbesitz insoweit verlangen, als das Restgrundstück oder der Restbesitz nicht mehr in angemessenem Umfang baulich oder wirtschaftlich genutzt werden können.

(3) Über das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 entscheidet die zuständige Behörde im Planfeststellungsbeschluss. Der Planfeststellungsbeschluss ist dem Enteignungsverfahren zugrunde zu legen; er ist für die Enteignungsbehörde bindend. Im Übrigen gelten die Enteignungsgesetze der Länder.


§ 16 Widerruf der Planfeststellung



(1) Planfeststellung und Plangenehmigung können widerrufen werden, wenn eine für die Entscheidung maßgebliche Voraussetzung später weggefallen ist und nicht in angemessener Zeit Abhilfe geschaffen werden kann. Für den späteren Wegfall der in § 13 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Voraussetzungen und für den Widerruf aus sonstigen Gründen gilt § 49 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Der Widerruf der Planfeststellung oder der Plangenehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Kohlendioxidspeichers lässt die Pflichten nach den §§ 17 und 18 unberührt.

(2) Widerruft die zuständige Behörde die Planfeststellung, so soll sie dem Betreiber gegenüber anordnen, dass der Kohlendioxidspeicher unverzüglich stillzulegen ist. Die zuständige Behörde ist berechtigt, Stilllegung und Nachsorgemaßnahmen auf Kosten des Betreibers selbst oder durch Beauftragung eines anderen vorzunehmen, wenn der Betreiber der Anordnung nicht innerhalb einer von der zuständigen Behörde gesetzten angemessenen Frist nachkommt.

(3) Absatz 2 Satz 1 gilt nicht, wenn der Kohlendioxidspeicher von einem Dritten weiterbetrieben werden soll und die zuständige Behörde nach einer vorläufigen Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass zugunsten des Dritten ein Plan nach § 13 festgestellt werden kann. Bis zum Planfeststellungsbeschluss betreibt die zuständige Behörde den Kohlendioxidspeicher selbst oder durch Beauftragung eines anderen; die Kosten werden vom früheren Betreiber getragen.